Der Berliner Erzbischof Kardinal Georg Sterzinsky verurteilte den Umgang
der Kirche mit sexuellem Missbrauch durch Geistliche (aktueller Fall: die bekannt
gewordenen Übergriffe auf Schüler im Berliner Canisius-Kolleg). In der Vergangenheit
sei das Thema "offensichtlich vernachlässigt" worden, es habe eine
Kultur des Wegschauens und Weghörens gegeben, erklärte er in der Berliner Boulevardzeitung
"B.Z.".
Allerdings hält es der Kardinal nicht für notwendig,
schärfere kirchliche Regeln aufzustellen. In den geltenden Richtlinien
seien Sanktionen bereits vorgesehen. Die katholische Kirche habe vor etwa 15
Jahren Richtlinien für Priester herausgegeben habe. Diejenigen, die diesen
Regeln nicht folgen, würden des Amtes enthoben.
Wichtiger sei die
Aufklärung der Kinder und dass sie sich ihren Eltern anvertrauen, wenn ihnen
etwas "Merkwürdiges" passiert sei. Der Kirche seien der Schutz der
Jugendlichen und sexuelle Erziehung ein wichtiges Anliegen im Sinne christlich-katholischer
Moral. Bei der Ausbildung von Seelsorgern und Pädagogen soll die Haltung der
Kirche zu sexuellem Missbrauch klar benannt und auf die Konsequenzen zu verwiesen
werden. Es dürfe jedoch nicht vergessen werden, dass der große Teil der Geistlichen
in verlässlicher und gute Weise seinen Dienst tue.
Nicht mit Zölibat
vermengen. Der Sprecher des "Arbeitskreises Engagierter Katholiken"
(AEK) in den deutschen Unionsparteien, Martin Lohmann, meinte im Berliner "Tagesspiegel".
Der Versuch einzelner, für das abscheuliche Verhalten der Geistlichen wenigstens
teilweise die Sexuallehre der Kirche verantwortlich machen zu wollen, sei ebenso
abwegig wie unlauter, es wäre eine zusätzliche Verhöhnung der Opfer, nun Schuldige
ausgerechnet in 'der' Kirche zu suchen". Wer den Zölibat als "Zwangszölibat"
verzerre oder meine, diese Lebensform sei vor allem und beinahe ausschließlich
eine Frage der Sexualität, werde weder dem Zölibat noch jenen gerecht, die sich
ebenso freiwillig für das Priestertum entschieden hätten.
Inzwischen
melden sich auch ehemalige Zöglinge anderer kirchlicher Einrichtungen und berichten
ebenfalls über Missbrauchsfälle, man stellt daher sogar in der Kirche die Frage:
"war das die Spitze des Eisbergs?"
Atheistischer Kommentar:
Das Thema Kindesmissbrauch durch Geistliche wurde "vernachlässigt"?
Nein! Solche Geschehnisse wurden auf Weisung des Vatikans vertuscht!
Erst in der
Folge der Prozesse gegen priesterliche Kinderschänder in den USA erwies
sich diese Methode als nicht mehr haltbar: Die Täter zu versetzen, die Opfer zum
Schweigen anzuhalten, wie eine im britische Observer 2003 veröffentlichte vatikanische
Anweisung anordnete, funktionierte nicht mehr. Die hohen Geldstrafen für
US-Diözesen, die durch diese Vertuschungsmethoden die Täter straffrei gehalten
und die Fortsetzung der Straftaten an anderen Orten
ermöglicht hatten, brachten dieses System zu Einsturz.
Die Selbstgefälligkeit
der katholischen Kirche zu diesem Thema ist direkt makaber: der große Teil
der Geistlichen tue in verlässlicher und guter Weise seinen Dienst, man
brauche keine besseren Regeln, den wer Kinder schändet hat mit Sanktionen zu
rechnen: laut Kardinal Sterzinsky werden mutmaßliche Täter ihres "Amtes
enthoben". Dass eine Anzeige bei Polizei oder Staatsanwaltschaft erfolgt,
hält er offenbar immer noch nicht für notwendig. Amtsenthebung und Versetzung
war auch in der vatikanischen Weisung vorgesehen: die Täter setzten ihre Tätigkeit
dann eben an einer anderen Schule oder in einem anderen Heim fort.
Dass
der Zölibat nichts damit zu tun habe, ist lächerlich. Wenn wer den Beruf
des Priesters ergreift, dann weiß er, dass damit sexuelle Einschränkungen verbunden
sind, die Priesteramtskandidaten unterliegen daher einem selbstbezüglichen Vorauswahlsystem,
siehe dazu "Der Zölibat und der katholische
Umgang damit".