Zölibatäre Priestererotisierung

Der St. Pöltner Bischof Küng in einem Interview mit der katholischen "Tagespost"

Klaus Küng war seinerzeit wegen der Bewältigung der homosexuellen Szenerie, die sich unter seinem Vorgänger Kurt Krenn im St. Pöltner Priesterseminar gebildet hatte, zum Diözesanbischof berufen worden. Er hat also Sachkenntnisse in Sachen Priester und Zölibatsproblem. In einem aktuellen Interview (erschienen am 22. Mai 2010) durchmischt er allerdings alles in bewährter katholischer Manier.

So ist verwechselt er gerne Ursache und Wirkung.
Er sagte nämlich: "Sexueller Missbrauch ist ein sehr großes Problem unserer Gesellschaft. Leider müssen wir feststellen, dass er auch in der Kirche vorkommt. Ich habe den Eindruck, dass diese schrecklichen Vergehen, auch in der Kirche, ab Ende der 60er Jahre häufiger geworden sind. Es lohnt sich darüber nachzudenken, was die Gründe dafür sein könnten. Dass in unserer Gesellschaft eine Erotisierung stattgefunden hat, bestreitet niemand. Dass solche Tendenzen auch in die Kirche hereinschwappen und die Tugend der Keuschheit geradezu verpönt ist und Selbst- und Triebbeherrschung in der Erziehung wie im persönlichen Bemühen des Erwachsenen kaum beachtet werden, verwundert da nicht. Da gehen dann auch andere Vorsichtsmaßnahmen - früher für Priester und Ordensleute selbstverständliche Klugheits- und Verhaltensregeln im Umgang mit Kindern und Erwachsenen - allzu rasch und unbedacht als veraltet und verklemmt über Bord. Das sind Faktoren, die in den Medien nicht genug zu Wort kommen."

Mit Recht kommen diese Faktoren in den Medien nicht zu Wort. Weil sie so nicht stimmen! Sexuelle Übergriffe seitens Zölibatärer gibt es seit es den Zölibat gibt. Am Konzil von Avignon (anno 1209) hieß es z.B.: "(die Geistlichen) gehen den Laien in der Unzucht voran und ziehen sie wie Blinde in eine Grube". Oder 1346 lässt der Prager Erzbischof Ernst während einer Synode wissen: "Viele Kleriker treiben nicht nur, überwunden durch Versuchung, Unzucht, sondern sie kommen ihr entgegen, indem sie in ihren oder den Nachbarhäusern Huren halten." Solche Beispiele ließen sich zahllose anführen. Die Reformation hat gerade auch deshalb in ihrem Bereich den Zölibat und die Ohrenbeichte abgeschafft! Denn: "Die erste Frucht, die aus dem Beichten kommt, ist die Frucht des Leibs, denn daher kommt viel schöner Kindlein, die man Banckert oder Hurenkinder nennt, die die Heiligen Beichtväter sind mit ihrer Beichttochter überkommen; denn etlich haben die Vogelsucht hart, so doch der Mann wenig nutz ist, da muss der Beichtvater helfen. Also mag etwan ein Beichtvater fleißig trösten zu Zeiten und läuft ranken unter den Weibern, wie ein Farr (Zuchtstier) unter einer Herde Kühe", schrieb 1523 der Ex-Franziskaner Heinrich von Kettenbach.

Eine Erotisierung der Gesellschaft im heutigen Sinn hat es damals nicht gegeben. Aber den Zölibat.

Zu homosexuellen Priestern meint Küng:
"Bei allem Respekt vor homosexuell orientierten Personen, die in vieler Hinsicht begabt, kreativ und im Umgang mit anderen einfühlsam sein können, ist zu sagen: Wenn jemand von Jugend auf durch eine homosexuelle Neigung tief in seiner Persönlichkeit geprägt ist, kann er nicht zur Priesterweihe zugelassen werden. Immer - das gilt prinzipiell auch für heterosexuell orientierte Kandidaten mit Schwierigkeiten im sexuellen Bereich - wird es notwendig sein, über eine längere Zeit hindurch zu beobachten, ob eine dauerhafte Stabilität erreicht wurde und ob die Persönlichkeit des Kandidaten ausgeglichen ist. Ein Priester muss fähig sein, für die anderen da zu sein, ohne ständig sich selbst zu suchen."

Also wer hat dann die richtige Persönlichkeit? Eunuchen? Das Phrasengedresche von "Stabilität", "Ausgeglichenheit", "Hingabe" ist völlig abgehoben von der Wirklichkeit. Die Frage an Küng müsste lauten: wie machen Sie es, Herr Bischof: Haben Sie Freunde/innen, tun Sie es in Handarbeit? Oder sind Sie asexuell?

Zur Frage nach Ausbildung homosexueller Strukturen in Priesterseminaren (wie 2004 in St. Pölten): "Diese Gefahr besteht. Wenn in einem Seminar, in einem Kloster solche Netzwerke entstehen, kann das zu einer großen Bedrohung für das Seminar, für das Kloster, für eine Diözese werden, weil sich eine Atmosphäre bildet, die ganz bestimmte Personen anzieht, andere dagegen abstößt zum großen Schaden der Seelsorge. Seminare und Klöster können dadurch geradezu existenziell bedroht werden. Wenn solche Netzwerke überhand nehmen, gibt es meines Erachtens nur eine radikale Lösung: Unter Umständen Schließung solcher Seminare und Klöster mit einem Neubeginn. Besonders Ausbildungs- und Leitungsaufgaben müssen von Personen mit einer ausgewogenen Persönlichkeit, mit lauterer Absicht und mit der nötigen inneren und äußeren Freiheit wahrgenommen werden."

Er fürchtet sich somit bloß vorm Überhandnehmen. Dass es sie gibt, weiß er. Dass sich naturwüchsig homosexuelle Strukturen dort ausbilden, wo Frauen unerwünscht sind, ist ja wohl keine Überraschung.

Zur Frage warum es bei den aktuellen Kinderschändungen überwiegend männliche Opfer gab, also ein Zusammenhang zwischen Homosexualität und Pädophilie bestünde: "Nicht direkt. Generell kann man nicht sagen, dass Homosexuelle stärker zu Pädophilie neigen als Heterosexuelle. In absoluten Zahlen sind Frauen in ihrer Kindheit viel häufiger Opfer von sexuellen Übergriffen als Männer. Bei Klerikern ist es allerdings anders: Laut einer aktuellen Studie handelt es sich beim von Klerikern verübten sexuellen Missbrauch nur in zehn Prozent der Fälle um Pädophilie im eigentlichen Sinn. Bei etwa sechzig Prozent jedoch um homosexuelle Handlungen mit Jugendlichen. Es ist also wahr, dass wir da in der katholischen Kirche ein etwas anders gelagertes Problem haben."

Es ist nicht nur wahr, sondern auch klar: Ein Struktur, die Homosexuelle anzieht, aber gleichzeitig die Sexualität verbieten will, schafft eben Nebenwelten. Nicht unbedingt für Pädophilie, sondern für das, was "Unzucht mit Abhängigen" heißt.

Zur Frage ob Zölibatäre stärker als andere Männer gefährdet seien: "Das kann man so sicher nicht sagen. Wahr ist vielmehr, dass sowohl Verheiratete als auch zölibatär Lebende für Kinder und Jugendliche zur Gefahr werden können, wenn sie es aus dem einen oder anderen Grund nicht gelernt haben, den Geschlechtstrieb im eigenen Leben richtig zu integrieren und sie immer wieder auf der Suche nach Befriedigung sind. Dagegen entsteht bei einer ausgereiften Persönlichkeit, bei Pflege des geistlichen Lebens und eines entsprechenden asketischen Kampfes, verbunden mit einer gesunden Widmung an die Arbeit und die einem anvertrauten Menschen, eine große Stabilität. So etwas führt zu innerer Ruhe und der Fähigkeit, für die anderen da zu sein. Mit Recht hat man zu einem Menschen, der so lebt, großes Vertrauen."

Wenn Küng sagt "integrieren", dann meint er "unterdrücken". Wie soll ein Zölibatär für den die Ausübung geschlechtlicher Handlungen auf jeden Fall eine "Sünde" ist, seinen Geschlechtstrieb "integrieren". Hier wäre wieder die obige Frage angebracht: Herr Bischof liegt Ihr Geschlechtstrieb im Sinne des Wortes in Ihrer Hand? Weil das ist schließlich die einzige Möglichkeit, die bleibt. Aber auch sie ist eine "Sünde", eine Sünde namens "Selbstbefleckung". Also: kastrieren lassen!

Zur Frage ob die zölibatäre Lebensform Männer mit einer sexuellen Schieflage anziehe: "Es hat wahrscheinlich zu allen Zeiten Personen mit sexueller Schieflage gegeben, die in einem Seminar oder in einem Kloster um Aufnahme bitten, weil sie meinen, dazu berufen zu sein. Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Verantwortungsträger, solche Personen nicht aufzunehmen und sie nicht zu einer endgültigen Bindung oder zur Weihe zuzulassen, wenn sich in der Probezeit solche Probleme zeigen. In Zeiten, in denen sich nur wenige Kandidaten melden, ist es sicher noch wichtiger als zuvor, dass die Verantwortungsträger nicht der Versuchung nachgeben, solche Personen aufzunehmen, weil wenig Nachwuchs da ist. Im Gegenteil: Je schwieriger die gesellschaftliche und kirchliche Gesamtsituation und je größer die Herausforderungen für die seelsorgliche Arbeit sind, desto wichtiger sind die psychische und physische Gesundheit sowie die tiefe spirituelle und glaubensmäßige Verwurzelung des Priesters. Bei Nichtbeachtung der Aufnahmekriterien können große Schäden für die ganze Kirche entstehen, wie wir es jetzt miterleben müssen. Das Heilmittel ist nicht die Aufhebung des Zölibats als Voraussetzung für die Priesterweihe, sondern die Qualität der Priesteramtskandidaten und die Qualität der seelsorglichen Arbeit."

Laut Küng ist also physisch und psychisch gesund, angeborene hormonelle Bedürfnisse, Bedürfnisse nach Nähe, Bedürfnisse nach persönlicher Zuneigung zu negieren, zu unterdrücken. Für sein Himmelreich wird Bischof Küng Eunuchen brauchen und sogar Eunuchen brauchen vielleicht Streicheleinheiten.

Der Zölibat ist pervers, eine Institution, die ihren Kader danach ausrichtet, hat dann eben einen auf diese Weise vorausgewählten Kader, wenn sie gegen die Vorauswahl aktiv auftritt, wird ihr Kader weiter schrumpfen. Heterosexfeindlichkeit begünstigt Homosexualität, Ablehnung der Homosexualität führt nicht zur psychischen und physischen Gesundheit, weil psychisch und physisch Gesunde aus dem heterosexuellen Mainstream sind von vornhinein vom Priesteramt ausgeschlossen. Die Bedürfnisse nach persönlicher Nähe, nach Zuneigung, nach Liebesleben jahrzehntelang durch die Fiktion "Hingabe an Gott" zu ersetzen, wird ohne psychische Langzeitschäden niemand schaffen. Das Problem ist mit katholisch-vatikanischen Methoden nicht lösbar.

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