Katholisches Statistikschweigen

Die Austrittszahlen der katholischen Kirche wurden in normalen Jahren Anfang Jänner des Folgejahres bekanntgegeben, wenn es - wie 2004 - Probleme gegeben hatte, verzögerte sich die vollständige Verlautbarung bis ins Frühjahr. Im August gab es dann jeweils einen Komplettbericht: Zahlen der angeblichen sonntäglichen Kirchenbesuche und der Austritte, Eintritte, des Bestandes wurden nach Diözesen aufgeschlüsselt veröffentlicht. Enthalten sollten dabei auch Gewinne und Verluste durch Zuwanderung, Taufen und Todesfälle sein. Da diese Zahlen allerdings in den einzelnen Diözesen verblüffend unterschiedlich waren, musste man diese Angaben mit Vorsicht genießen. Die letzten diesbezüglichen Zahlen vom August 2009 für das Jahr 2008 wiesen z.B. 40.596 Austritte, aber nur einen Rückgang des Mitgliederstandes um 23.691 aus. Dabei gab es merkwürdige Unterschiede: in der Diözese Graz traten 6.567 aus, der Mitgliederbestand erhöhte sich aber trotzdem um 773, in Linz traten 6.160 aus, der Bestand verringerte sich um 6.621. Das verblüfft doch sehr. Hatte die Steiermark so eine starke katholische Zuwanderung, die es in OÖ nicht gab? Oder gibt es in manchen Diözesen - wie vor Jahren schon in Deutschland - Doppelzählungen bei Zweitwohnsitzen?

Für heuer hat man sich nun ein Schweigegebot auferlegt: im August 2010 gibt es diese Zahlen für 2009 nicht. Die provisorischen Austrittszahlen für 2009 wurden am 12. Jänner 2010 vorgelegt: 53.216 Austritte. Die endgültigen Zahlen darüber plus alle anderen werden nun nicht im August 2010, sondern erst im Jänner 2011 vorgelegt.

Man kann gespannt sein, ob es dann im Jänner 2011 nur diese Gesamtzahlen für 2009 geben wird und die Zahlen für 2010 auch nicht in der bisher üblichen provisorischen Form.
Zu vermuten ist es! Denn dann kann man im Jänner 2012 die schlimmen Zahlen für 2010 und gleichzeitig bessere Zahlen für 2011 vorlegen. Also alles nicht so schlimm und die katholische Kirche ist eh schon auf dem Weg der Besserung. Ableiten lässt sich das aus einer APA-Meldung vom 7.8.2010, darin wird als Zweck des neuen Termins genannt: "verglichen werden sollen diese Zahlen dann mit den aktuellen, wenn auch provisorischen, um so einen besseren Vergleich zu haben". Man wird es sehen, ob dieser Vergleich auf diese Art schon im Jänner 2011 oder erstmals im Jänner 2012 erfolgen wird. Siehe dazu auch eine Zeitungsmeldung über das Schweigegelübde und einen weiteren über die heurige Austrittswelle.

Hier nochmals die provisorischen Austrittszahlen vom 12. Jänner 2010 für das Jahr 2009:
Wien: 16.527 (+ 3.593)
St. Pölten: 4.360 (+ 676)
Linz: 9.338 (+ 2.832),
Graz: 8.875 (+ 2.308),
Salzburg: 4.441 (+ 1.134),
Innsbruck: 3.220 (+ 695),
Feldkirch: 2.515 (+ 722),
Klagenfurt: 2.907 (+ 382),
Eisenstadt: 1.033 (+ 203)
Summe: 53.216 (+12.562)