Klasnic: Zuckerbrot & Peitsche

Am 21. 9. 2010 ließ die kirchliche Schadensbegrenzungseinrichtung, die Klasnic-Kommission verlauten: man habe erste Entschädigungen in zehn Fällen beschlossen. Es handle sich dabei um Fälle in allen vier von der Kommission eingerichteten Kategorien, ein weiterer Fall sei einstimmig abgelehnt worden. Details zu den Entschädigungen wurden nicht bekanntgegeben, Frau Klasnic wies aber darauf hin, dass es sich bei allen Fällen nach staatlichem Recht um verjährte Fälle handelt. Weitere Opfer sollten sich bis Jahresende melden.

So wie die Klasnic-Kommission die Sache darlegt, einerseits eine abgestufte Entschädigung verspricht und andererseits davon redet, viele der Fälle seien rechtlich verjährt, aber die Kommission werde trotzdem entschädigen, wird der Verdacht hervorgerufen, dass es ein wichtiges Anliegen der Kommission sei, gerichtliche Klagen möglichst zu vermeiden, indem man Zahlungen im Bereich von fünf- bis fünfundzwanzigtausend Euro ohne größeren justitialen Aufwand in Aussicht stelle. Wer darauf nicht eingehe, der könne - so wird zwischen den Zeilen angedeutet - vielleicht gar nix kriegen. Wegen Verjährung.

Die Opfer, die sich nicht der Gnade der kirchlichen Kommission unterwerfen, könnten also möglicherweise den Kürzeren ziehen. Weil die Frage der Verjährung rechtlich noch ungeklärt ist. Rein formal ist die Verjährungsfrist bei vielen der Missbrauchs- und Vergewaltigungsfälle verstrichen. Allerdings sind die nichtkirchlichen Rechtsvertreter der Opfer der Meinung, diese Verjährungsfristen wären durch das Handeln der kirchlichen Institutionen unterbrochen worden: durch Vertuschungen, durch Druck auf die Opfer, durch Komplizenschaft der Kirche mit den Tätern. Da diese Frage erst ausjustiert werden müsste, setzt die "unabhängige" kirchliche Klasnic-Kommission wohl darauf, dass sich viele Opfer vor einem offenen Rechtsstreit mit der mächtigen katholischen Kirche scheuen und es vorziehen könnten, quasi lieber ein bisschen Gnadengeld zu nehmen, als im katholischen Österreich einen langwierigen Prozess mit unsicherem Ausgang gegen die katholische Kirche auf sich zu nehmen, um dann vielleicht deutlich mehr Entschädigung zu erhalten.

Wie weit solche Berechnungen des Herrn Schönborn und seiner Klasnic-Kommission aufgehen könnten, wird die Zukunft zeigen.