Schon seit einigen Jahren laufen Mails um, in denen Empörung darüber geäußert
wird, weil irgendeine Behörde, irgendeine Schule, irgendeine Stadtverwaltung
ein "Grüß-Gott"-Verbot erlassen hätte. Dieses dumme "Grüß
Gott" geht einem als "Gottlosem" auf die Nerven, jede Supermarktkassierin
belästigt einen mit "Gott", man trifft Bekannte und Gott grüßt. In
Österreich (oder auch in Bayern) "Guten Tag" zu sagen, ist ungebräuchlich,
weil es klingt zu "Piefkeneserisch" (in Bayern zu "Preußisch").
Kein Problem ist's mit "Guten Morgen" (gesprochen "gumoagn")
oder "Gute Nacht" (gesprochen "guadenocht"), es geht
auch noch "Guten Abend" (schon etwas schwieriger zu sagen: "guadnobnd"),
das trottelige "Grias God" geht den ganzen Tag.
Man hat es als dialektsprechender
Österreicher nicht leicht, diesen überkommenen "Gott" zu lassen. Früher
pflegten Arbeiter mit "Ich habe die Ehre" zu grüßen (gesprochen "hawidehre"
oder kurz "d'ehre"),
aber das ist abgekommen. Zu Freunden sagt man "Servus" (gesprochen
"serwaas"), aber wie redet man mit Fremden oder anderen Leuten, die
man nicht duzt? Zum hochdeutschen "Guten Tag" muss man sich zwingen,
"hallo" klingt irgendwie unhöflich und so haben fremdenfeindliche
Agitatoren die Idee gehabt, dem biederen "Grüßgott" völkische Weihen
zu verleihen.
Per Underground-Propaganda wollen sie den Leuten einreden, die
Ausländer und ihre muslimische Religion bedrohten "uns" so, dass der Staat "uns
unseren" Grüß-Gott-Gruß entziehen will. Wähle FPÖ, heißt der dabei wohl auszulösende
Reflex. Denn diese Partei hat in Linz sogar im Gemeinderat schon vor einiger
Zeit eine Anfrage eingebracht, ob es richtig sei, dass in Kindergärten vom Magistrat
das "Grüß Gott" verboten worden wäre. War es natürlich nicht. Auch
anderswo gibt's keine solchen Verbote. Aber Agitation in diese Richtung soll
die Einstellung aufbauen: hier "wir Christen" dort "die Muslime",
die unser "christliches Europa" zerstören wollen.
Die wirkliche
Linie läuft allerdings woanders. "Wir Christen" ist ein Mythos,
den meisten Menschen im Lande ist das Christentum kein Anliegen, ja die Leute
sind sehr froh, dass Europa nicht mehr in "Christenhand" ist. Die
Leute wollen jedoch noch viel weniger eine "Muslimenhand" nach ihnen greifen sehen,
nicht von Kopftuchkohorten umzingelt sein und nicht in Demut und Respekt vor
"islamischer Kultur" erstarren müssen. Sie wollen im Alltag von der
Religion ihre Ruhe haben. Das "Grüßgott" ist eine leidige Gewohnheit
und kein Bekenntnis von der Art des "Heil Hitler" der Nazis, höchstens
ähnlich lästig. Ein Verbot aus muslimischen oder sonst welchen Gründen gibt
es nirgendwo.
Wir Religionsfreien sollten uns allerdings angewöhnen, Gott
nicht zu grüßen. Wünschen wir den Mitmenschen lieber einen "Guten Tag",
bzw. "guadn Toag" wenn's auch für Dialektgewohnte eine gewisse Mühsal
bedeutet, weil so richtig flüssig geht das auf Österreichisch nicht. Und wenn
wieder jemand mit der "Grüß Gott"-Verbot-Story daher kommt, dann lasst
wissen: das gibt's nicht, das ist eine Sage aus völkischen Kreisen, grußmäßig
sind wir leider immer noch verbreitet gewohnheitsmäßig in "Christenhand".