Opfer kritisieren Seligsprechung

Ergänzt am 2.5.2011

Als 2010 zahlreiche von katholischen Klerikern begangene Kindesmissbräuche ans Licht gelangten und die Vertuschungen durch den katholischen Machtapparat nicht mehr funktionierten, wurde auch das Verhalten von Karol Wojtyla, vulgo Papst Johannes Paul II., thematisiert, in Österreich war dazu in Profil ein Artikel "Der Unselige - wie selig ist Johannes Paul II., vormals Papst und Schutzpatron der Kinderschänder?" zu finden. Vorerst schien es tatsächlich so, dass die intensive Mitwirkung Wojtylas an der katholischen Vertuschungspraxis die geplante Seligsprechung auf längere Zeit verhindern würde. Aber 2011 geht man anscheinend im Vatikan davon aus, dass eh schon alles ausgesessen ist und man sich keine Sorgen mehr zu machen braucht.

Am 1. Mai wird Wojtyla "selig" gesprochen, also zu einem vorbildlichen Christen befördert. Vielleicht wird er später auch noch ein "Heiliger", dann könnte man ihn auch zum Schutzpatron der Kinderschänder bestimmen, weil einschlägige Erfahrung hat er ja erworben.

Zur Seligsprechung erklärte Norbert Denef,
Vorsitzender von netzwerkB.org (Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt in Deutschland): "Nicht nur für mich persönlich, sondern weltweit für viele Opfer, die als Mädchen und Jungen in der Amtszeit von Papst Johannes Paul II missbraucht wurden, ist diese Seligsprechung Salz in ihre tiefen, noch immer frischen Wunden. Auch während seines Pontifikats wurden Verbrechen nicht nur in Deutschland, sondern in vielen anderen Ländern, darunter den USA und Mexiko, vertuscht und verschwiegen. Anstatt einen toten Papst selig zu sprechen, sollte Kirche den Opfern helfen. Beten und um Vergebung bitten ist höhnisch. Den Zeitpunkt der Versöhnung können nur die Opfer selbst bestimmen."

Auch Barbara Blaine, Präsidentin und Gründerin von SNAP (Survivors Network of those Abused by Priests - Netzwerk der Überlebenden von Missbrauch durch Priester) nahm Stellung: "Hunderte von Sexualverbrechen durch Geistliche jahrzehntelange zu ignorieren ist nicht "eine" schlechte Entscheidung. Es waren Hunderte von Entscheidungen, Tag für Tag, Jahr für Jahr. Er ignorierte die zu Lähmungserscheinungen führende und manchmal vermeidbar Gewalt an Hunderttausenden von Hilflosen. Die Missbrauchskrise ist kein einmaliger "Schlag" oder "Entgleisung" oder Indiskretion oder gefühlloses Verbrechen. Sexualisierte Gewalt ist tief in der Kultur und Praxis der katholischen Priester und Bischöfe verwurzelt, sogar noch tiefer verwurzelt, weil Johannes Paul II. jahrzehntelang Misshandlungen im Wesentlichen tolerierte."

Sepp Rothwangl von der Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt
(betroffen.at) erklärte: "Wenn man an das Leid unzähliger Kinder denkt, deren Täter durch die Vertuschungsaktionen der katholischen Glaubenskongregation - hervorgegangen aus der "Heiligen Inquisition" - vor Verfolgung geschützt wurden und werden, und wie die Kirche diese geschändeten Kinder behandelt, so scheint diese Seligsprechung weltfremd und absurd.
Der jetzige Papst war einst als Leiter der Glaubenskongregation verantwortlich für den - exklusiv und streng geheim unter seiner Führung abzuwickelnden - menschenverachtenden Umgang mit den Verbrechen sexualisierter Gewalt durch Priester weltweit.
Benedikt XVI. spricht den Mann selig, der unmittelbar vor ihm auf dem Thron saß, auf dem er jetzt selbst sitzt. Ein alter Trick: Erhöhe dich selbst, indem du den erhöhst, auf dessen Stuhl du sitzt. Für uns Betroffene sexualisierter Gewalt eine Verhöhnung."

Aber was juckt das den Vatikan? Die Heuchler und Pharisäer sind wieder einmal voll im Geschäft. Als Atheist kann man anmerken: zu schade, dass es keine transzendenten Wesen gibt, weil sonst hätte der Teufel die verantwortlichen katholischen Leithammel schon geholt.