Als 2010 zahlreiche von katholischen Klerikern begangene Kindesmissbräuche
ans Licht gelangten und die Vertuschungen durch den katholischen Machtapparat
nicht mehr funktionierten, wurde auch das Verhalten von Karol Wojtyla, vulgo
Papst Johannes Paul II., thematisiert, in Österreich war dazu in Profil
ein Artikel "Der Unselige - wie selig ist Johannes Paul II., vormals Papst und Schutzpatron der Kinderschänder?"
zu finden. Vorerst schien es tatsächlich so, dass die intensive Mitwirkung
Wojtylas an der katholischen Vertuschungspraxis die geplante Seligsprechung
auf längere Zeit verhindern würde. Aber 2011 geht man anscheinend im Vatikan
davon aus, dass eh schon alles ausgesessen ist und man sich keine Sorgen mehr
zu machen braucht.
Am 1. Mai wird Wojtyla "selig" gesprochen,
also zu einem vorbildlichen Christen befördert. Vielleicht wird er später auch
noch ein "Heiliger", dann könnte man ihn auch zum Schutzpatron der
Kinderschänder bestimmen, weil einschlägige Erfahrung hat er ja erworben.
Zur
Seligsprechung erklärte Norbert Denef, Vorsitzender von netzwerkB.org
(Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt in Deutschland): "Nicht
nur für mich persönlich, sondern weltweit für viele Opfer, die als Mädchen und
Jungen in der Amtszeit von Papst Johannes Paul II missbraucht wurden, ist diese
Seligsprechung Salz in ihre tiefen, noch immer frischen Wunden. Auch während
seines Pontifikats wurden Verbrechen nicht nur in Deutschland, sondern in vielen
anderen Ländern, darunter den USA und Mexiko, vertuscht und verschwiegen. Anstatt
einen toten Papst selig zu sprechen, sollte Kirche den Opfern helfen. Beten
und um Vergebung bitten ist höhnisch. Den Zeitpunkt der Versöhnung können nur
die Opfer selbst bestimmen."
Auch Barbara Blaine, Präsidentin
und Gründerin von SNAP (Survivors Network of those Abused by Priests - Netzwerk
der Überlebenden von Missbrauch durch Priester) nahm Stellung: "Hunderte
von Sexualverbrechen durch Geistliche jahrzehntelange zu ignorieren ist nicht
"eine" schlechte Entscheidung. Es waren Hunderte von Entscheidungen,
Tag für Tag, Jahr für Jahr. Er ignorierte die zu Lähmungserscheinungen führende
und manchmal vermeidbar Gewalt an Hunderttausenden von Hilflosen. Die Missbrauchskrise
ist kein einmaliger "Schlag" oder "Entgleisung" oder Indiskretion
oder gefühlloses Verbrechen. Sexualisierte Gewalt ist tief in der Kultur
und Praxis der katholischen Priester und Bischöfe verwurzelt, sogar noch tiefer
verwurzelt, weil Johannes Paul II. jahrzehntelang Misshandlungen im Wesentlichen
tolerierte."
Sepp Rothwangl von der Plattform Betroffener kirchlicher
Gewalt (betroffen.at) erklärte: "Wenn man an das Leid unzähliger
Kinder denkt, deren Täter durch die Vertuschungsaktionen der katholischen Glaubenskongregation
- hervorgegangen aus der "Heiligen Inquisition" - vor Verfolgung geschützt
wurden und werden, und wie die Kirche diese geschändeten Kinder behandelt, so
scheint diese Seligsprechung weltfremd und absurd.
Der jetzige Papst war
einst als Leiter der Glaubenskongregation verantwortlich für den - exklusiv
und streng geheim unter seiner Führung abzuwickelnden - menschenverachtenden
Umgang mit den Verbrechen sexualisierter Gewalt durch Priester weltweit.
Benedikt
XVI. spricht den Mann selig, der unmittelbar vor ihm auf dem Thron saß, auf
dem er jetzt selbst sitzt. Ein alter Trick: Erhöhe dich selbst, indem du den
erhöhst, auf dessen Stuhl du sitzt. Für uns Betroffene sexualisierter Gewalt
eine Verhöhnung."
Aber was juckt das den Vatikan? Die Heuchler und Pharisäer sind wieder
einmal voll im Geschäft. Als Atheist kann man anmerken: zu schade, dass es keine
transzendenten Wesen gibt, weil sonst hätte der Teufel die verantwortlichen
katholischen Leithammel schon geholt.