Religiöse Auferstehung?

In Europa schwindet die Religion dahin. Darüber machen sich die Klerikalen große Sorgen. Der englische Religionsstatistiker Patrick Johnstone meinte auf einem Pfingsttreffen des überkonfessionellen Missionswerks WEC International (="Weltweiter Einsatz für Christus") in der Gegend von Frankfurt am Main, das Christentum sei weltweit auf dem Vormarsch, außer in der westlichen Welt. Deshalb brauche Europa neue Begeisterung für Jesus. "Es ist traurig, dass den meisten Europäern der lebendige Gott, der Gebet erhört und kraftvolle Taten vollbringt, fremd geworden ist. Der Europessimismus geht tief, aber das muss nicht so bleiben. Das Christentum als äußerliches Religionsbekenntnis stirbt, aber es kann zur Wiederauferstehung eines lebendigen Glaubens aus der Asche eines verzerrten aufklärerischen Weltbildes kommen."

Weil in anderen Weltgegenden ist es anders. Wegen der dort fehlenden oder wenig wirksamen Aufklärung nimmt das Christentum zu. Johnstone verweist dazu auf seinen Gesinnungsfreund John Micklethwait, der meinte: "Im 21. Jahrhundert werden Religion und der Glaube an Gott in zunehmendem Maße wichtig werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass Wirtschafts- und Naturkatastrophen den materialistischen und luxuriösen Lebensstil der 90er Jahre zerbröckeln lassen werden, ist hoch. Religiöse Migranten, sowohl Christen als auch Muslime, werden Europa verändern."

Johnstone rechnet damit, dass bis 2050 ein Drittel der Europäer außereuropäische Einwanderer sein werden, was auch die Zunahme nichtchristlicher Religionen bedeutete. Daher müssen sich die Christen Europas wappnen: "Sind wir auf diese Herausforderung vorbereitet? Haben wir erkannt, welche Chancen darin liegen, vor unserer Haustür Menschen mit dem Evangelium zur erreichen, die aus Ländern stammen, in denen es bis heute nicht möglich ist, in Freiheit Gemeinden zu bauen? (..) Es besteht Hoffnung für Europa. Aber der Weg dorthin führt übers Kreuz, durch Schmerzen, Fürbitte und den festen Willen, für den biblischen Glauben einzustehen. Wir werden das Europa des 21. Jahrhunderts nur prägen können, wenn es uns in unseren Kirchen und Gemeinden, in unserer theologischen Ausbildung und in unseren Missionsbestrebungen gelingt, den Herausforderungen eines multikulturellen Europas zu begegnen."

Weil ansonsten wird 2050 der Anteil der westlichen Christen nur noch 20 Prozent ausmachen, die evangelikalen und charismatischen Christen in der Dritten Welt wachsen durch Bekehrung, die Muslime durch Vermehrung. Die meisten Christen lebten heute in Afrika, Asien und Lateinamerika.

Somit hoffen eifrige Jesus-Verkünder wie dieser Johnstone auf unüberwindbares Leid für die Europäer, auf Wirtschafts- und Naturkatastrophen, auf Armut, Not, Elend und Hoffnungslosigkeit. Damit die Leute aus Verzweiflung wieder zu Kreuze kriechen. Nun, da könnte man vermuten, dass in solchen Notsituationen eher der Kommunismus als das Christentum eine Auferstehung erleben könnte. Die "Hoffnung", dass die entwickelte europäische Welt mit ihren von der Arbeiterbewegung erreichten solidarischen Einrichtungen so mir nix, dir nix zusammenbrechen wird, diese Hoffnung machen sich die bösartigen und menschenfeindlichen Jesus-Freunde wohl vergebens. Wie sehr sie sich darüber ärgern, dass ihre absurde Lehre vom Gebet erhörenden lebendigen Jesus-Gott im aufgeklärten Europa im Schwinden ist, zeigen diese im doppelten Sinne leidvollen christlichen Blicke in die Zukunft.

Die christliche Hoffnung lässt sich so zusammenfassen: Nur wenn es für die Menschen schlimmer wird, dann kann es für die Christen besser werden. Hoffen wir daher, dass es für die Christen auch weiterhin schlimmer wird.