Aus dem Hamburger Abendblatt vom 17.8.2011:
Papst will Spanier wieder
für Glauben begeistern
(..) Die Erwartungen des Papstes sind hoch, die
Iberische Halbinsel genießt Priorität auf seiner Agenda: Erst vor neun Monaten
war Benedikt XVI. in Santiago de Compostela und in Barcelona. Es geht um nichts
Geringeres als die Rettung der wichtigsten Bastion des Katholizismus in Europa.
Die Kirche hat ganz besonders in Spanien in den vergangenen Jahren an Einfluss
verloren. Nur noch 72 Prozent der Spanier bekennen sich zum Katholizismus, vor
zehn Jahren waren es noch 82 Prozent, in den Gottesdienst schaffen es noch zwölf
Prozent aller Gläubigen, bei den Jugendlichen fällt die Bilanz noch viel schlechter
aus. "Es kommen fast nur noch ältere Leute und ein paar Kinder", klagt
eine Frau vor der Kirche San José im Madrider Stadtzentrum. Doch nicht nur die
Gotteshäuser bleiben leer, auch Priesterseminare leiden unter eklatanten Nachwuchsschwierigkeiten.
Für Spaniens Bischöfe und den Vatikan steht der Schuldige fest: die sozialistische
Regierung von José Luis Rodríguez Zapatero. Und auch der Papst hat nie ein Geheimnis
daraus gemacht, dass ihm einige Gesetze der Zapatero-Regierung wie die Blitzscheidung,
die Einführung der Homoehe oder das Abtreibungsgesetz gründlich missfallen.
"Der Laizismus Spaniens knüpft an den Antiklerikalismus der zweiten Republik
an", klagte Benedikt XVI. bereits auf seiner vorherigen Spanien-Visite.
(..) "Die Säkularisierung verdanken wir der Familienpolitik Zapateros,
die die Doktrin der Kirche unterhöhlt hat", sagt Jesús de la Hera, Chefredakteur
der katholischen Zeitung "Ecclesia", und spricht damit vielen überzeugten
Katholiken des Landes aus der Seele. Seit 2009 werden mehr Ehen vor dem Standesamt
geschlossen als in der Kirche, jedes dritte spanische Baby wird nicht mehr getauft.
(..) Und nicht zuletzt meldete sich der Verband für historisches Gedenken zu
Wort und forderte den Papst auf, 75 Jahre nach Beginn des Bürgerkriegs den Franquismus
mit einer symbolischen Geste zu verdammen und um Vergebung zu bitten. Schließlich
sei die Kirche eine der wichtigsten Stützen des franquistischen Regimes gewesen.
"Wir warten bis heute auf eine Stellungnahme des Papstes. Er könnte einen
wichtigen Beitrag dazu leisten, dass sich die Wunden aus der Vergangenheit endlich
schließen können", so Emilio Silva, Sprecher des Verbands. (..)
Papst Ratzinger ist optimistisch, vor seiner Abreise sagte er: "Ich
hoffe, dass wir viele Früchte für das christliche Leben ernten werden".
Spanien hat 47 Millionen Einwohner, davon 34 Millionen Katholiken, man erhofft
sich 1,5 Millionen Teilnehmer am Anlassereignis der Ratzingerreise, dem katholischen
Weltjugendtag in Madrid. Das wird man in den sechs Tagen der Veranstaltung sicherlich
zusammenbringen. Bei der Eröffnungsmesse am 16.8. meldete die katholische Kirche
450.000 Teilnehmer.
Aber so wie früher ist es nimmer, die "Rettung
der wichtigsten Bastion des Katholizismus in Europa" wird trotzdem nicht
gelingen.
Diese katholische Bastion konnte bis 1975 gehalten werden. Dann
ist der klerikalfaschistische Diktator
General Franco gestorben und im Laufe der Jahre begann langsam die Bewältigung
der katholisch-faschistischen Vergangenheit, man ist jedoch immer noch nicht
fertig damit. General Franco hatte 1936 gegen die demokratische Volksfrontregierung
geputscht, mit freudiger Unterstützung der katholischen Kirche und mit militärischer
Hilfe des faschistischen Italiens und von Nazi-Deutschland wurden bis 1939 die
Monarchie, die Herrschaft der Bourgeoisie und der katholischen Kirche wieder
hergestellt, über 140.000 Anhänger der spanischen Republik wurden ermordet,
500.000 flohen ins Ausland, die christkatholische Bastion war errichtet! Die
klerikalfaschistischen Diktaturen in Europa sind untergegangen, die meisten
bereits bis 1945, in Portugal hielt sich ein solches Regime bis 1974 und in
Spanien endete die katholische Bastion 1975.
Spanien ist immer
noch ziemlich katholisch, aber dieses Leiden wird auch dort jedes Jahr besser.
Und auch ein Papst Ratzinger kann dagegen nichts tun, ohne Klerikalfaschismus
lassen sich keine katholischen Bastionen errichten!