Kirchensponsoring des ORF - Teil 2

Presseaussendung vom 25.8.2011 der "Initiative Religion ist Privatsache"

ORF-Sponsoring der "Langen Nacht der Kirchen" (siehe Info Nr. 554): Antrag auf Verfahrensfortführung bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht

Nachdem die Staatsanwaltschaft Wien das Verfahren gegen das ORF-Sponsoring der kirchlichen Aktion "Lange Nacht der Kirchen" vorerst unbegründet (siehe Anhang 1) geschlossen hat, brachte die Initiative Religion ist Privatsache nun einen Fortführungsantrag (siehe Anhang 2) bei der Staatsanwaltschaft ein.

Beim Sponsoring handelte es sich nämlich, so der Antrag, um "Zuwendungen ohne Gegenleistung, wie auch seitens des ORF in dem beigelegten Schreiben von August 2011 bestätigt wurde. Dieses Vorgehen ist aber weder durch § 4 Abs 1 Z 12 ORF-Gesetz, aber auch durch keine andere Bestimmung des ORF-Gesetzes gedeckt." Dem Antrag ist ferner folgende Zusammenfassung zu entnehmen: "Auch im vorliegenden Fall war das Sponsoring der genannten Veranstaltung nicht im Interesse der Allgemeinheit gelegen. Somit besteht aber weiterhin der Verdacht, dass dadurch der Tatbestand des § 153 StGB verwirklicht wurde. Die Fortführung des Ermittlungsverfahrens ist daher jedenfalls erforderlich, zumal bisher offenbar keinerlei Erhebungen durchgeführt wurden".

Prof. Heinz Oberhummer, Vorstandsmitglied der Initiative Religion ist Privatsache, fasste die Lage knapp zusammen: "Die Staatsanwaltschaft war bisher sichtlich bemüht, sich nicht zu bemühen. Wir lassen aber nicht locker: dass ORF-Gelder der Förderung von rein kirchlichen Aktivitäten dienen ist keineswegs selbstverständlich!"

Anhang 1:

Die Begründung der Verfahrenseinstellung durch die Staatsanwaltschaft:
Der Verein INITIATIVE RELIGION IST PRIVATSACHE führte in seiner Sachverhaltsdarstellung vom 27.6.2011 aus, dass am 27.5.2011 österreichweit die "Lange Nacht der Kirchen" stattgefunden habe, als einer der Hauptsponsoren der Veranstaltung sei der Österreichische Rundfunk aufgetreten. Es sei davon auszugehen, dass die für dieses Sponsoring verwendeten Gelder aus den Rundfunkgebühren stammen, welche jeder Rundfunkteilnehmer, gleich welchen Glaubens oder Religionsbekenntnisses er angehört, entrichten muss. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit die Verwendung dieser dem ORF anvertrauten Gelder für das Sponsoring einer Veranstaltung ausschließlich christlicher Kirchen vom öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF gedeckt sei. Vielmehr würden Rundfunkteilnehmer, die keinem oder einem anderen Glauben oder Religionsbekenntnis angehören, durch eine derartige Verwendung der Rundfunkgebühren insofern geschädigt, als diese Gelder nicht mehr für andere dem öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF entsprechende Zwecke zur Verfügung stehen.
In § 4 Abs 1 Z 12 ORF-Gesetz ist angeführt, dass der Österreichische Rundfunk durch die Gesamtheit seiner verbreiteten Programme und Angebote u.a. für die angemessene Berücksichtigung der Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften zu sorgen hat. Die katholische Kirche gehört zu einer solchen gesetzlich anerkannten Kirche. Der ORF leistete Beiträge zu dieser Veranstaltung. Ein strafbares Verhalten ist somit nicht gegeben, weshalb das Verfahren gemäß § 190 Z 1 StPO einzustellen ist.

Anhang 2:

Der Antrag der Initiative "Religion ist Privatsache auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens
Der Einschreiter erstattet in umseits näher bezeichneter Rechtssache den ANTRAG auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens.
1. Zur Rechtzeitigkeit: Mit Schreiben vom 5.8.2011, zugestellt am 11.8.2011, erstattete die Staatsanwaltschaft Wien antragsgemäß eine Begründung für die Einstellung des Verfahrens. Der Antrag auf Fortführung ist sohin rechtzeitig.
2. Begründung:
2.1 Nach Ansicht des Einschreiters wurden die Voraussetzungen der Beendigung rechtlich falsch beurteilt.
2.2 Die Staatsanwaltschaft Wien führt in der Einstellungsbegründung aus, dass der Österreichische Rundfunk gem. § 4 Abs 1 Z 12 ORF-Gesetz durch die Gesamtheit seiner verbreiteten Programme und Angebote unter anderem für die angemessene Berücksichtigung der Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften zu sorgen habe. Die katholische Kirche gehöre zu einer solchen gesetzlich anerkannten Kirche. Der ORF habe Beiträge zu dieser Veranstaltung geleistet. Ein strafbares Verhalten sei somit nicht gegeben.
2.3 Dem ist zu entgegnen, dass § 4 Abs 1 Z 12 ORF-Gesetz ausdrücklich auf das Programm und Angebot des ORF selbst Bezug nimmt, nicht aber darauf, dass unternehmensfremde Veranstaltungen, wie etwa die "Lange Nacht der Kirchen", durch finanzielle Zuwendungen bzw. andere Leistungen des ORF gesponsert werden.
Es handelt sich dabei um Zuwendungen ohne Gegenleistung, wie auch seitens des ORF in dem beigelegten Schreiben von August 2011 bestätigt wurde. Dieses Vorgehen ist aber weder durch § 4 Abs 1 Z 12 ORF-Gesetz, aber auch durch keine andere Bestimmung des ORF-Gesetzes gedeckt.
2.4 Analog kann dies auch aus einer Entscheidung des Bundeskommunikationssenates zu GZ 611.919/0005-BKS/2010 abgeleitet werden. In dieser Entscheidung ging es um die Ausstrahlung eines Spots der Arbeiterkammer, wodurch gegen § 13 Abs 3 und 5 ORF-Gesetz verstoßen wurde.
Der Bundeskommunikationssenat hatte sich mit der Frage des öffentlichen Interesses bzw. des Objektivitätsgebotes zu befassen und gelangte letztlich zu dem Schluss, dass die Ausstrahlung dieses - parteipolitischen - Spots nicht im Interesse der Allgemeinheit gemäß den Vorgaben des ORF-Gesetzes gelegen war.
2.5 Auch im vorliegenden Fall war das Sponsoring der genannten Veranstaltung nicht im Interesse der Allgemeinheit gelegen. Somit besteht aber weiterhin der Verdacht, dass dadurch der Tatbestand des § 153 StGB verwirklicht wurde. Die Fortführung des Ermittlungsverfahrens ist daher jedenfalls erforderlich, zumal bisher offenbar keinerlei Erhebungen durchgeführt wurden.
Sohin ergeht der ANTRAG das Ermittlungsverfahren fortzuführen. Initiative Religion ist Privatsache.

Man kann gespannt sein: Darf der ORF Gebührengelder für Kirchensponsoring vergeuden? Wenn man sich die obige Begründung der Staatsanwaltschaft liest, die mit dem Sachverhalt überhaupt nichts zu tun hat, und den glasklaren Rechtsstandpunkt der Initiative Religion ist Privatsache, scheint es eine Selbstverständlichkeit zu sein, dass die Staatsanwaltschaft ermitteln muss.