Am 30. August 2011 erschien in der Süddeutschen Zeitung dieser Artikel:
Es
schaut also nicht so aus, als käme Papst Ratzinger auf Besuch zu einer blühenden
Institution. Es schaut eher nach Sinkflug aus. Es ist zwar in Deutschland für die katholische Kirche noch
längst nicht so schlimm wie in Österreich. In Österreich traten wie seit Jahren
üblich - gerechnet auf pro Mitgliedertausend - auch 2010 mehr als doppelt so
viele Leute aus der Kirche aus, in Österreich gibt es durch die "Pfarrerintitiative"
einen innerkirchlichen Aufstand gegen Rom, für den es in Deutschland nicht einmal
ansatzweise etwas Ähnliches gibt. Aber im Alltag ist die Lage in Deutschland
auch nicht anders als in Österreich. Die klerikalen Vorstellungen von der
Welt finden auch dort im Volke sehr, sehr beschränkten Widerhall. Papst Ratzinger
ist intensiv damit beschäftigt, die durch das 2. Vatikanum eingeleiteten Reformen
rückabzuwickeln. Es schaut durchaus aus, als würde ihm das gelingen.
Das
einzige Pech dabei ist es für Ratzinger und seine Gesinnungsfreunde, dass die
katholischen Lehren dem Publikum einfach wurscht sind. Eine aktuelle Umfrage in Österreich ergab,
dass bloß zwei Prozent der Bevölkerung die Frage "hat die katholische Kirche
für die Menschen in unserer Zeit die richtigen Antworten?" mit "ja"
beantworten, weitere 11 % gaben ein "teilweise ja" ab. Somit ist für
98 % die Meinung Ratzingers gänzlich oder zuminderst zum Teil irrelevant. In
Deutschland wird das grundsätzlich nicht viel anders sein. Aber während seines
Aufenthaltes in seinem Herkunftsland wird er durch die Gegend ziehen und predigen
und verkünden, als wären 98 Prozent für ihn und seine verschrobenen Vorstellungen
und seine vormoderne Weltsicht. Und manche Medien werden in ihrer Berichterstattung
so tun, als wäre es wirklich so. Dass eine Organisation mit knapp 25 Millionen
Mitglieder Zehntausende oder fallweise Hunderttausende zuhauf strömen lassen
kann, ist zu erwarten. Aber wenn die oben erwähnten zwei Prozent eifrig mitlaufen,
so wird das die anderen 98 % kaum beeindrucken.
Irgendeine wahrnehmbare
positive Wirkung für die katholische Kirche wird der Papstbesuch in Deutschland
nicht haben. Das Abschlussresümee wird für die meisten Deutschen ähnlich
sein wie es 2007 für die meisten Österreicher war: Endlich ist er wieder weg,
der Papst und in den Medien herrscht endlich wieder Normalität. Die höchste
TV-Zuschauerzahl bei einer Papstsendung war 2007 in Österreich knapp 800.000.
Und das, weil diese Papstsendung zum Zeitpunkt ausgestrahlt wurde, wo sonst
die Lotto-Ziehung ist. Denn der Lottoschein ist ein weitaus sicherer Glücksbringer
als die päpstlich-katholische Frohbotschaft. Denn vom Lottoeinsatz bekommt
man in etwa 30 % durch richtige Tipps wieder zurück. Für die Kirchensteuer
und die mit Religion vertrödelte Zeit bekommt man gar nix.