Ausgerechnet Saudi Arabien

Alev Korun, Nationalratabgeordnete der Grünen, Menschenrechts- und Integrationssprecherin, Vorsitzende des parlamentarischen Menschenrechtsausschusses, im Falter 42 vom 19. 10. 2011:

Würde die Republik einem "Zentrum für interreligiösen Dialog" zustimmen, wenn der Vorschlag und die Finanzierung vom Opus Dei kämen? Oder einem "Kim Jong Il Demokratiezentrum" nach einer Initiative von Nord-Korea? Klingt ziemlich absurd, oder? Aber ein von Saudi Arabien initiiertes und finanziertes "König Abdullah Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog" in Wien scheint für die Bundesregierung kein Problem zu sein. In Saudi Arabien steht auf den "Abfall vom Islam" die Todesstrafe. Die ArbeitsmigrantInnen nicht-saudischer Staatsangehörigkeit sind, laut Jahresberichten von amnesty international, Freiwild und rechtlos. So viel zu "Religionsfreiheit" und "interkulturellem Dialog" in diesem Land.

Die zaghaften Reformversuche des Königs Abdullah sind natürlich zu begrüßen. Aber die österreichische Bundesregierung stellt einem solchen Regime und solchen Verhältnissen einen Persilschein aus, wenn Gelder fürs Zentrum in zweistelliger Millionenhöhe von Saudi Arabien fließen und unser Außenministerium auch noch glücklich ist, "dass uns das bis 2013 kein Cent kostet". Es ist katastrophal, dass man mit der Errichtung dieses Zentrums ausgerechnet Saudi Arabien als Sprachrohr und Vertreter von weltweit 1,5 Milliarden (!) Muslimen etabliert. Ein Land, in dem mit dem Wahabismus die rigideste und fundamentalistischste Auslegung des Islam im wahrsten Sinn des Wortes herrscht.

Dialog ist gut und richtig und man sollte auch mit Saudi Arabien reden. Aber ausgerechnet dieses Land zum glorreichen Dialogführer zu erklären, der die Religionen und Kulturen zusammenbringt, ist an Naivität und Verantwortungslosigkeit nicht zu überbieten. Als letztes zum Vorwurf des Populismus: Sollte der Falter in solchen Fragen seit Jahren von umsetzungsreifen Plänen wissen, bitten wir ihn in Zukunft, auch die Öffentlichkeit zu informieren. Bekanntlich ist Transparenz - vor allem der Opposition gegenüber - für die Bundesregierung sehr oft ein Fremdwort.