Seliger Provikar

Am 13. November 2011 wurde der seinerzeitige Vorarlberger Provikar Carl Lampert selig gesprochen. Er war das ranghöchste katholische Opfer der NS-Justiz und wurde am 13. 11. 1944 in Halle an der Saale hingerichtet. Der Titel "Provikar" bezeichnet - ähnlich wie der Titel "Generalvikar" - die Position des Stellvertreters eines Bischofs. Im NS-Regime war kein einziger Bischof auch nur für Stunden in Haft, man hatte schließlich 1933 mit Hitler ein Konkordat abgeschlossen, das die katholische Kirche sogar dazu verpflichtete, bei den Sonntagsmessen fürs deutsche Reich zu beten. Da aber weder die Nazis noch die katholische Kirche den jeweils anderen die führende Rolle in der Gesellschaft zugestehen wollten, gab es alsbald Spannungen, die meist nicht zum Vorteil der katholischen Kirche endeten.

Provikar Lampert war ein durchaus mutiger Menschen, der versuchte, kirchliche Interessen gegen die Interessen der Nazis zu bewahren, zu verteidigen. Wenn es katholischerseits heute allerdings heißt, Lampert sei "Anwalt der Schwachen und Opfer gewesen wie auch des öffentlichen Rechts und der Rechtsstellung der Kirche", so stimmt nur der letzte Teil des Satzes, für die "Rechtsstellung der Kirche" hat er sich eingesetzt. Dass er Opfer verteidigt hätte, also Juden, Slawen, Kommunisten, Sozialisten oder sonstige "Untermenschen", ist bisher nicht bekannt geworden, ebenso wenig, dass er gegen den Angriffskrieg der Nazis was getan oder gesagt hätte, aber diesen Krieg hat ja die katholische Kirche wohlwollend, waffensegnend und mit Feldmessen lesenden Feldkaplänen begleitet, denn der Christengott war mit dem Hakenkreuz und der deutschen Wehrmacht (siehe Koppelschnalle). Die Konflikte Lamperts mit dem NS-Regime betrafen Klosterschließungen oder politische Priesterverfolgungen.

Er war deswegen einige Zeit in den KZs Dachau und Sachsenhausen eingesperrt, wurde 1941 wieder freigelassen, aber mit einem Aufenthaltsverbot für Tirol und Vorarlberg belegt, er lebte danach in Stettin. Dort wurde ein Gestapo-Spitzel auf ihn angesetzt, der sich - so die katholische Darstellung - das Vertrauen Lamperts erschlich und ihn zu NS-feindlichen Äußerungen verleiten sollte. Was jedoch nicht gelungen sein soll, worauf dieser Spitzel Anschuldigungen erfunden habe (Feindsenderhören, Wehrkraftzersetzung). Nach drei Verfahren wurde Lampert im September 1944 zum Tode verurteilt und im November geköpft. Nach der katholischen Beschreibung Lamperts hat er nicht einmal die Wehrkraft "zersetzt", sondern kam sogar nach NS-"Recht" durch Spitzelverleumdung unschuldig zu Tode. Also liegt hier vermutlich eine katholische Doppelabsicherung vor, nicht einmal die Wehrkraft des Großdeutschen Reiches hat er zersetzt, bloß weil er der heiligen katholischen Kirche die Treue hielt, wurde er hingerichtet.

1998 wurde von der Diözese Feldkirch ein Seligsprechungsverfahren für Carl Lampert eingeleitet.


Seligsprechung: das Bild des "Seligen" wird über dem Altar aufgezogen

Die katholische Kirche hatte in der NS-Zeit Opfer. Aber die Zahl dieser Opfer stand im eklatanten Widerspruch zur Masse der Katholiken. Bei den pazifistischen Zeugen Jehovas wurden in Deutschland von den 6.000 erwachsenen männlichen Mitgliedern des Jahres 1933 2.000 hingerichtet oder sonst wie umgebracht, 4000 eingesperrt, die Kommunisten in Österreich verloren 15 bis 25 Prozent ihrer Mitglieder durch die Hinrichtung und Mord im KZ, die katholischen Opfer bewegten sich im Bereich der Hunderstelpromille. Die katholische Kirche hat nach jahrzehntelangem Zuwarten vor einigen Jahren Franz Jägerstätter selig gesprochen, der außerdem in seiner Verwandtschaft Zeugen Jehovas hatte, die ihn vermutlich zu seiner Wehrdienstverweigerung inspirierten. Von einem zweiten Jägerstätter hat man bisher nichts gehört, die kleine Pazifistensekte hatte das 2000fache an "Jägerstättern".

Man hat auch nichts davon gehört, dass katholische Kleriker dafür bestraft worden wären, dass sie sich für Menschenrechte eingesetzt hätten, dass sie für politisch und rassistisch Verfolgte eingetreten wären. Sie sind für die ideologischen und materiellen Interessen der katholischen Kirche eingetreten.


katholische Hierarchen, für sie, ihre Macht und den katholischen Besitz trat Carl Lampert ein

"Carl Lampert knickte nicht vor der Übermacht des NS-Regimes ein und ließ seinem Gewissen keine Scheuklappen aufsetzen", sagte der Generalvikar Benno Elbs über den Seligen. Lampert habe um die lebensbedrohliche Gefahr wegen seines Engagements gewusst, "er wusste aber auch um das Unrecht, das allerorts an Frauen, Männern und Kindern geschah", als mutiger Christ sei der Provikar bis heute "ein zeitloses Beispiel für Menschlichkeit, Zivilcourage und Gottvertrauen".

Berichtigung: Er ist ein Beispiel für Treue zur katholischen Kirche, allgemeine Menschlichkeit stand nicht auf seinem Programm, weil dazu hätte er sich auch mit anderen Dinge befassen müssen als geschlossenen Klöstern oder eingesperrten Priestern, er hat sich um das Geschehen außerhalb des katholischen Bereiches offenbar nie bekümmert. Das genügt jedoch der katholischen Kirche für das Spenden der höchsten Ehre.

Ein Vertreter der unmittelbaren katholischen Interessen, der verdient sich diese Erhebung zu "Ehren der Altäre", allerdings auch erst nachdem die alten Nazis weitgehend alle tot sind, damit man in diesen rechten Kreisen keine schlechte Nachrede hat, da wagt man es dann, Jägerstätters oder Lamperts selig zu sprechen. Warum die katholische Hierarchie dem Nationalsozialismus keinen Widerstand entgegengesetzt hat und ein kleiner Vizebischof das ranghöchste NS-Opfer war, diese Frage wird katholischerseits nicht erörtert. Man plant sogar dem damaligen katholischen Anführer, Papst Pius XII., der zu den Verbrechen der Nazis beharrlich schwieg, kirchenamtlich ebenfalls die "Seligkeit" zu verleihen.