ORF-"Christenrundmail" verurteilt

Ergänzt am 16. Jänner 2012

Ein Blick zurück:

Standard-Meldung vom 26.7.2011: Robert Ziegler empfiehlt per Rundmail die Einordnung "religiöser Fanatiker" oder "Rechtsextremist"
St. Pölten - Robert Ziegler, Vize-Chefredakteur des ORF Niederösterreich, bittet "Kolleginnen und Kollegen" per Rundmail, den Attentäter von Norwegen nicht als "christlichen Fundamentalisten" zu bezeichnen: "Das Wort 'christlich' und den Mord an mehr als 90 Menschen in einem Atemzug zu nennen - da empfinden wohl die meisten einen deutlichen Widerspruch. Hier sollten wir bei der Formulierung besonders sensibel vorgehen, diesen äußerst unchristlich agierenden Mann eventuell als 'religiösen Fanatiker' bezeichnen oder uns vor allem auf die überwiegend verwendete Einordnung als 'Rechtsextremisten' beschränken." (siehe Info Nr. 546).

Wegen dieses Versuches chefredaktionellen Einfluss zu nehmen, dass der norwegische Attentäter Anders Behring Breivik trotz dessen öffentlichen Bekenntnisses, ein christliches Europas gegen den Islam verteidigen zu wollen, im ORF nicht als "christlich" benannt werden dürfe, wurde von der Initiative Religion ist Privatsache eine Beschwerde an die Kommunikationsbehörde eingebracht.

Mit Erfolg!
Hier dazu eine Aussendung der Initiative Religion ist Privatsachevom 13.1.2012:

Im Kampf gegen die religiöse Einflussnahme auf die Berichtserstattung des ORF konnte ein großer Erfolg erzielt werden. Die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) gab am 13.1.2012 der von der Initiative Religion ist Privatsache gesponserten Beschwerde des Univ.-Prof. Dr. Heinz Oberhummer gegen die versuchte prochristliche Sprachregelung des NÖ ORF-Landesstudio im Wesentlichen recht. Das "Christenrundmail" Robert Zieglers als NÖ ORF-Vizechefredakteur und ORF-Stiftungsratmitglied wurde somit seitens der Regulierungsbehörde des ORF als klare Intervention in der freien Berichtserstattung verurteilt.

Aus dem Bescheid: "Die E-Mail des Robert Ziegler war daher geeignet, die ihm unterstellten Journalisten dazu zu bewegen, eine bestimmte Darstellung bzw. die Verwendung bestimmter Bezeichnungen zu unterlassen und durch eine andere Darstellung bzw. andere Bezeichnung zu ersetzen. Die Journalisten wurden verhalten, einen bestimmten Inhalt zu verfassen.
Soweit in der inkriminierten E-Mail davon die Rede ist, ‚diesen äußerst unchristlich agierenden Mann eventuell als "religiösen Fanatiker" bezeichnen oder [sich] vor allem auf die überwiegend verwendete Einordnung als "Rechtsextremisten" [zu] beschränken", lässt dieser Kontext unmissverständlich eine inhaltliche Redigierung erkennen."

"Es freut mich sehr, dass die KommAustria diese versuchte weltanschauliche Einflussnahme auf die ORF-Journalisten als solche erkannt und verurteilt hat", kommentierte Initiative-Vorstandsmitglied Oberhummer, der offiziell die Beschwerde auch eingebracht hat, das Urteil in seiner ersten Reaktion. Er relativierte jedoch gleich auch seine Freude: "Glücklich macht mich die ganze Angelegenheit aber nicht: von einer nicht beeinflussbaren Berichtserstattung beim ORF sind wir leider noch weit entfernt. Solange Kirchenvertreter per Gesetz in den ORF-Publikumsrat bzw. -Stiftungsrat gehievt werden sehe ich Tür und Tor für versuchte weltanschauliche Zensur geöffnet. Das ORF-Sponsoring der jährlichen Missionierungs- und Selbstdarstellungsaktion ‚Lange Nacht der Kirchen' kommt ja auch nicht von ungefähr".

Die Initiative Religion ist Privatsache bedankt sich wieder bei allen, die sich dem Verfahren angeschlossen haben und diesen Erfolg erst ermöglichten!

Ergänzt am 16. Jänner 2012:

Presseaussendung der Initiative Religion ist Privatsache vom 16.1.2012:

KommAustria-Urteil gegen ORF wegen "christlicher Sprachregelung": Teilberufung wird eingebracht

Wien (OTS) - Auch wenn die Initiative Religion ist Privatsache im wichtigsten Beschwerdepunkt - nämlich der im ORF-Landesstudio NÖ versuchten Beeinträchtigung der journalistischen Freiheit - von der KommAustria Recht erhalten hat wird sie gegen das Urteil eine Teilberufung einbringen. Konkret handelt es sich um die Weigerung der KommAustria, den ORF anzuweisen, das Urteil zu veröffentlichen. Die ORF-Regulierungsbehörde geht in ihrer Urteilsbegründung von einem - wenn auch rechtswidrigen - ORF-internen Ablauf aus und ortet daher kein öffentliches Interesse in einer verpflichtenden Urteilsveröffentlichung. Dieser Meinung schließt sich die Initiative nicht an. Robert Ziegler ist nämlich nicht nur Landesstudio-Vizechefredakteur sondern auch ORF-Stiftungsratmitglied; sein Einflussbereich reicht daher weit über dem offiziellen Job-Titel tief in die höchsten Führungsetagen des ORF hinauf. Auch die Tatsache, dass Herr Ziegler, trotz laufendem Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das ORF-Gesetz, befördert wurde, spricht für eine Veröffentlichung.

Prof. Heinz Oberhummer, Vorstandsmitglied der Initiative Religion ist Privatsache und offizieller Beschwerdeführer, kommentierte den Schritt als "notwendig und im Interesse der Öffentlichkeit". Oberhummer ließ auch mit neuen Details zum Verfahren aufhorchen: "Die Stellungnahme des ORF zur Beschwerde lieferte Herrn Ziegler bedingungslose Rückendeckung. Unterschrieben wurde sie vom nun wiedergewählten Generaldirektor Wrabetz. Nachdem wir diese online gestellt haben versuchte der ORF die Veröffentlichung der eigenen Stellungnahme prompt zu verhindern. Dieser Umstand ist, bestenfalls, eigenartig".

In seiner Stellungnahme betonte Oberhummer abschließend, dass er Herrn Ziegler nicht kenne und zu keinem Zeitpunkt gegen ihn persönlich vorgegangen ist. "Es geht hier ausschließlich um die Wahrung der journalistischen Freiheit und die Wahrung der Rechte der Konfessionsfreien, die per ORF-Gesetz ohnehin benachteiligt werden" betonte Oberhummer in diesem Zusammenhang. Er zeigte sich jedoch hoffnungsvoll, dass "die Berufung sich nach einer entsprechenden ORF-Veröffentlichung erübrigen wird".