Keine Einigung mit Piusbrüdern?

Dass Papst Ratzinger viel Sympathie für die Rückwärtsgewandtheit der "Piusbrüder" empfindet, ist ja schon länger bekannt. Sein Vorgänger Papst Wojtyla war sicherlich ebenfalls sehr vormodernistisch, aber er schätzte die Priesterbruderschaft St. Pius X. etwas weniger, er exkommunizierte 1988 sogar den Pius-Gründer Lefebvre und vier von diesem unerlaubt geweihte Bischöfe, allerdings nicht aus glaubensbezüglichen Meinungsverschiedenheiten, sondern eben wegen dieser unerlaubten Bischofsweihen.

Seit 2009 ringt Papst Ratzinger um die Rückgewinnung der Piusbrüder, er hob die Exkommunikation auf und ließ Verhandlungen über die vollständige Rückkehr in den Schoß der r.k. Kirche führen, den Piusbrüdern wurde dieselbe Position (Personalprälatur) wie Opus Dei in Aussicht gestellt. Siehe dazu die Infos Nr. 590 und Nr. 741.

Den Piusbrüdern war das zuwenig, weil ihnen geht's ja vor allem um die Rückabwicklung der Änderungen des 2. Vatikanums, dass Ratzinger die Wiederverwendung der alten lateinischen Messe erlaubte, reichte dafür nicht aus, die Piusbrüder bestehen darauf, das von 1962 bis 1965 abgehaltene Konzil aus der katholischen Tradition zu entfernen, was heißt, dass die Verbindlichkeit der dortigen Beschlüsse aus dem katholischen Lehramt entfernt wird. Damit verlören auch von den Päpsten ab Johannes XXIII. verkündeten Lehren zum Teil ihre Verbindlichkeit, es könnte dann innerkirchlich beispielsweise die Abschaffung des Antimodernismuseides oder des Index Librorum Prohibitorum (Verzeichnis der verbotenen Bücher) thematisiert werden.

Laut kath.net vom 20.2.2012 äußerte sich Kardinal Ricard von der Kommission "Ecclesia Dei" zur aktuellen Lage so: "Der Papst ist bis zum Maximum gegangen, er hat sehr viel getan, um sich anzunähern, um eine gewisse Zahl von Vorbedingungen zu akzeptieren. Doch der Moment ist gekommen, in dem er nicht akzeptieren kann, dass man nicht nur das Konzil abweist, sondern auch zutage treten lässt, dass man die Lehre der Folgepäpste - von Johannes XXIII. bis hin zu Benedikt XVI. -, ebenso wie den Katechismus der Kirche und den Codex des Kirchenrechts zurückweist."

Aus dieser Aussage kann man den Knackpunkt ableiten: Das Konzil abweisen, das geht, das würde Ratzinger offensichtlich akzeptieren, aber auch noch die Lehre der Folgepäpste, das geht nimmer. Das Ende ist damit sicherlich noch nicht gekommen, die den Piusbrüdern recht nahestehende katholische Extremisten-Site "kreuz.net" kanzelt jedenfalls postwendend Kardinal Ricard ab, er wolle dem Papst diktieren, was dieser zu machen habe.

Glaubensabfall oder Rückkehr zum wahren Katholizismus? Das bleibt die Frage. Der Unterhaltungswert für das allgemeine Publikum ist allerdings gering, ein aggressiver Krawallatheist wie ich hat seinen Spaß daran und freut sich auf die nächste Runde.