Warum fuhr Papst Ratzinger nach Kuba? Mittel- und Südamerika sind
ja sehr katholisch, in einem kommunistisch regierten Land ist das doch ein bisschen
anders. Zwar weiß kein Mensche genau, wieviele Katholiken es auf Kuba gibt,
die in den Medien aktuell geäußerten Zahlen reichten von zehn bis fünfzig Prozent.
Im
Spiegel war am 24.3.2012 in einem Vorbericht zum Papstbesuch auch darüber zu
lesen, wie sich die erste päpstliche Visite durch Papst Wojtyla im Jahre 1998 abgespielt
hatte. Die meisten heutigen Kubaner seien aufgewachsen, ohne jemals eine Messe
besucht zu haben, nur wenige gingen sonntags in die Kirche. "Beim Besuch
von Johannes Paul II. vor 14 Jahren musste Fidel Castro Parteimitglieder zu
den Gottesdiensten herankarren lassen, um die Plätze zu füllen. Auch Benedikt
muss nicht fürchten, vor leeren Plätzen zu predigen: Die Regierung hat den Staatsangestellten
freigegeben, die Schulen schließen während des Papstbesuchs. Treue Parteikader
werden bei Bedarf die Reihen füllen."
Da die kubanische Wirtschaft nach dem Ende des sowjetischen Sozialismus selber
wirtschaftliche Reformen vollziehen musste, gibt es dort jetzt eine neue kleinbürgerliche
Klasse, nach dem alten Rezept Lenins aus der Zeit nach der Oktoberrevolution
(damals war Handwerk, Kleingewerbe und Einzelhandel großteils privat, erst Stalin
verstaatlichte dann alles und legte damit die ökonomische Grundlage für den
Untergang des Realsozialismus). Der Spiegel schloss seinen Bericht jedenfalls
mit: "Wie sich die Arbeitsteilung zwischen Kirche, Regierung und Kleinunternehmern
in Kuba zukünftig gestalten werde, lasse sich während des Papstbesuches studieren,
lästert die Inhaberin eines Familienrestaurants: 'Die Sozialisten gehen zur
Messe und wir Kapitalisten müssen arbeiten'."
Hat
funktioniert, nach unterschiedlichen Angaben füllte sich der "Platz der Revolution"
am 28.3. mit hundert- bis dreihunderttausend
Messbesuchern
Fidel
Castro und seine Rebellen hatten 1959 den Diktator Batista gestürzt, der den
USA sehr sympathisch gewesen war, hatte er doch in enger Zusammenarbeit mit
der US-Mafia die kleine Insel zum Puff und zur Spielhölle der USA gemacht und
die Ausbeutung der Insel z.B. durch die United Fruit Company sichergestellt.
Als 1961 die CIA in der sogenannten
"Schweinebucht" Anhänger Batistas zur Rückeroberung der Macht absetzte und dabei ein völlig Niederlage erlitt, Kuba
aber aufgrund dieser feindseligen Haltung der USA den Zucker an die UdSSR verkaufte
und mit diesem Land engere Verbindungen einging, wurde im Februar 1962 von den
USA ein völliges
Embargo verhängt. Jahrzehntelang war dadurch das Land von der Hilfe der Sowjetunion
abhängig. Heute kann die USA das Embargo zwar nimmer hundertprozentig aufrecht
erhalten, da sich eine Reihe von südamerikanischen Staaten aus der Abhängigkeit
von den USA befreien konnten, so ist die Lage der Insel trotzdem immer noch
prekär.
Kuba will auch weiterhin keine bedingungslose Kapitulation
vor den USA. Der Besuch des Papstes sollte somit dem Land dabei helfen, seine Eigenständigkeit
zu erhalten. Das Interesse des Papstes wiederum lag darin, die Position der
katholischen Kirche zu stärken. Beides scheint gelungen zu sein.
Ratzinger
sah in den TV-Berichten sehr mitgenommen aus
Auf Religion.ORF.at hieß
es am 29.3.2012 u.a.: "Zum Abschluss seiner von Montag bis Mittwoch
dauernden Reise hatte Benedikt den ehemaligen kubanischen Staatschef Fidel Castro
empfangen. Bei dem halbstündigen Treffen in der päpstlichen Nuntiatur in Havanna
führten die beiden Männer nach Angaben des Vatikan-Sprechers Federico Lombardi
ein lebendiges Gespräch. Es habe einen intensiven und herzlichen Meinungsaustausch
gegeben."
Ratzinger wurde zitiert: "Niemand sollte durch
die Einschränkung seiner Grundfreiheiten daran gehindert werden, an dieser spannenden
Aufgabe (der Erneuerung der Gesellschaft) teilzunehmen, und keiner fühle sich
ausgeschlossen durch Nachlässigkeit oder Mangel an Ressourcen - eine Situation,
die sich verschärft, wenn von außen auferlegte restriktive wirtschaftliche Maßnahmen
schwer auf der Bevölkerung lasten".
Damit hatte die kubanische
Regierung die erhoffte kritische Aussage gegen das Embargo und Ratzinger konnte
sich freuen, mehr katholische Freiheiten erhoffen zu dürfen.