In
Indien verkaufen sich traditionell "Wunder" noch leichter als in anderen
Weltgegenden. Darum bemühen sich die indischen Rationalisten besonders darum,
solche Wunderstorys rational zu erklären. Sanal Edamaruku ist dabei wieder eine
Entwunderung gelungen, die ihm allerdings heftigen katholischen Christenzorn
zugezogen hat.
Es geht dabei um den "tropfenden Jesus"
von Mumbai. Vor der "Kirche unserer Frau von Velankanni" steht ein
Kruzifix, von den Füßen des Jesus tröpfelt Wasser, was dazu führte, dass zahlreiche
Menschen herbeieilten und das heilige Jesuswasser mit Gefäßen auffingen,
um es mit nachhause zu nehmen.
Am 10. März 2012 besichtigte Sanal Edamaruku
mit einem Fernsehteam dieses "Wunder" des undichten Jesus. Im Nu war
das Wunder entwundert: Die Abwasserleitung einer in der Nähe gelegenen
Wäscherei war undicht, Wasser sickerte infolge des Kapillareffektes
aus den Jesuszehen. Also kein "heiliges Wasser" vom Jesus, sondern
Abwasser aus einer Wäscherei.
Alles zu sehen in einem YouTube-Clip:
Die katholische Kirche war alles andere als begeistert. Denn man hatte das
Jesus-Zehen-Wasser-Wunder bereits ausgiebig propagandistisch ausgenutzt und
jetzt stand man mit einer ganz banalen Erklärung da. Das durfte nicht sein.
Als dann Sanal Edamaruku in einer TV-Sendung alles auch in der Öffentlichkeit
präsentierte und die katholische Kirche des Handels mit "Wundern"
beschuldigte (in Indien ist die Anpreisung von "Wundern" nach dem
Magical Remedies Objectionable Advertisement Act verboten), meinten Kirchenvertreter,
die Kirche ginge immer sehr vorsichtig mit "Wundern" um, worauf der
Rationalist hinwies, dass es mehr als 10.000 katholische Heilige gäbe und für
jeden Heiligen so ein "Wunder" erforderlich wäre, womit sich der Vatikan
sicherlich als "Wunderhändler" qualifiziere.
Die TV-Debatte ist ebenfalls auf YouTube zu sehen:
Als die katholischen Eiferer merkten, dass sie mit ihrem Abwasser tropfenden
Jesus gegen Sanal Edamaruku argumentativ auf verlorenen Posten standen, griffen
sie zum indischen Blasphemie-Paragraphen, der offensichtlich deutlich schlimmer
ist als sein österreichisches Gegenstück, der §188, denn der Artikel 295 des
indischen Strafgesetzbuches lautet so: Wer einen Ort der Anbetung oder einen Ort,
der von einer Gruppe von Personen geheiligt wird, mit der Absicht zerstört, beschädigt oder
verunreinigt, dadurch die Religion einer Gruppe von Personen
zu verunglimpfen oder dies mit dem Wissen tut, dass eine Gruppe von Personen eine solche
Zerstörung, Beschädigung oder Verunreinigung als eine Beleidigung ihrer Religion
betrachtet, kann zu einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder zu einer Geldstrafe
oder zu beidem, verurteilt werden.
Einem tropfenden Jesus das Wasser abzudrehen, weil das als verbotener "Wunderhandel"
zu sehen sei, kann also auf Umwegen strafbar werden. Die katholische Kirche
hat Sanal Edamaruku tatsächlich angezeigt, er könnte deswegen sogar verhaftet werden
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