Bis 15. April 2012 hatte der Vatikan den schismatischen Piusbrüdern eine Frist gesetzt. Die wegen der Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) abtrünnig gewordenen Strengkatholischen waren zwar 2009 von Papst Ratzinger weitgehend pardoniert worden (Aufhebung der Exkommunikation) und auch eine wesentliche Forderung der Piusbrüder war von ihm erfüllt worden, nämlich die allgemeine Wiederzulassung der alten lateinischen Messe, aber in den danach folgenden Verhandlungen konnte man sich doch nicht einigen, weil die Piusbrüder das 2. Vatikanum nicht als zur "katholischen Tradition" gehörig akzeptieren wollten (siehe Info Nr. 791).
Auf Spiegel-online war zu lesen:
Piusbrüder und Papst vertragen
sich. "Zum 85. Geburtstag des Papstes kam der eigene Bruder mit leeren
Händen nach Rom. Seine Piusbrüder dagegen haben Benedikt XVI. mit einem Brief
ein recht großes Geburtstagsgeschenk auf den Tisch gelegt. Mit dem Schreiben
könnte sich ein alter Traum des deutschen Papstes Josef Ratzinger erfüllen:
das Ende der Kirchenspaltung mit den Anhängern des verstorbenen französischen
Erzbischofs Marcel Lefebvre." Und: "Das Geschenk an Benedikt XVI.
ist ein freundlicher Brief der Bruderschaft, der schon Ostern hinter den Mauern
des Vatikans eintraf. Im Staatssekretariat des Papstes, aus dem in den letzten
Monaten einige Dokumente nach "Vatileaks"-Art an die Öffentlichkeit
drangen, ist er als besonders geheim eingestuft. Die Angelegenheit wird derzeit
mit höchster Diskretion behandelt und soll erst nach dem Jubiläum an die Öffentlichkeit.
Hinter vorgehaltener Hand heißt es, man analysiere das Schreiben. Innerhalb
des Staatssekretariats sind in Sachen Piusbrüder nicht alle auf dem Kurs Levadas
und Benedikts. Gestritten wird in diesen Tagen über Details und den Zeitplan
für die Einigung."
Zum 2. Vatikanum heißt es: "Bedeutsam
in dem neuen Schreiben ist, dass die Dissenspunkte nicht mehr als entscheidend
für die Katholizität des jeweils anderen angesehen werden. Demnach ist die unterschiedliche
Bewertung des Konzils 'nicht entscheidend' für die Zukunft der Kirche. Denn
die Kirche sei mehr als das Konzil; die Bruderschaft vertritt nicht länger die
Position, das Konzil müsse weg, sie hat einfach eine eigene, legitime Auffassung
dazu."
Am 16. April meldete kathpress (und am 17.4. wortgleich
auch die sehr konservative Site kath.net) eine absehbare Einigung, aber auch
Streitereien innerhalb der Piusbrüder: "Manche Beobachter rechnen mit
einer vatikanischen Entscheidung in diesen Tagen. Freilich gibt es in Rom auch
zurückhaltendere Stimmen. Dazu kommt ein vom Online-Magazin "Vatican Insider"
übernommenes Statement vom Oberen der Piusbrüder, Bernard Fellay, wonach die
Entscheidung über eine Vereinigung oder einen Bruch aktuell noch nicht gefallen
sei. Für eine Einigung müssten die Piusbrüder die "lehrmäßige Präambel"
unterschreiben, die der Vatikan zur Bedingung für eine Einigung gemacht hat.
Darin ist die Anerkennung des kirchlichen Lehramts - einschließlich des Zweiten
Vatikanischen Konzils - Grundvoraussetzung. (..) Falls Fellay seine Unterschrift
unter die Präambel setzt - deren Inhalt erst nach Abschluss der Verhandlungen
veröffentlicht werden soll - wäre das Schisma von 1988 repariert." In diesem
Fall erhielten die Piusbrüder - wie Opus Dei - den Status einer Personalprälatur.
Wenn nicht unterschrieben wird, wäre das Schisma (die Abspaltung) manifest,
wenn die Unterschrift erfolgt, dann könnte es jedoch bei den Piusbrüdern Probleme
geben: "Zu einem kleineren Schisma (innerhalb der Piusbrüder) könnte es
auch dann kommen, falls Fellay die Präambel unterzeichnet. Denn bereits im Vorfeld
hatten Hardliner unter den Piusbrüdern angedeutet, unter der Bedingung einer
Anerkennung des Konzils einen solchen Schritt nicht mitvollziehen zu wollen.
Innerhalb der Bewegung käme es wohl zu einer internen Spaltung."
In
den nächsten Tagen könnte es dazu weitere Neuigkeiten geben. Eine Installierung
der von Papst Ratzinger wegen ihres extremen Vormodernismus offenbar hochgeschätzten
Piusbrüder als weitgehend selbständige Prälatur würde bei den katholischen Reformern
sicherlich auf heftige Kritik stoßen, weil dies ein wesentlicher und deutlich
wahrnehmbarer Schritt zurück in die vorkonziliare Zeit wäre. Wie üblich meine
ich dazu: die Konservativen haben recht, weil das was sie vertreten, war fast
2000 Jahre lang katholisch. Die Reformer wollen die Reformen des 2. Vatikanums
nicht abschaffen, sondern ausbauen, was sie haben wollen, ist eine neue Reformation.
Bezeichnend
ist, dass am 17.4. der ORF meldete: "Der Vatikan lehnt einen direkten Dialog zwischen der österreichischen
Pfarrer-Initiative und Papst Benedikt XVI. ab. Laut Vatikan-Sprecher Federico
Lombardi handelt es sich um ein 'Pastoralproblem', und es sei Aufgabe der
österreichischen Bischöfe, diesen Dialog zu führen. 'Das ist der normale Weg',
sagte Lombardi vor österreichischen Journalisten in Rom. Der Papst hatte Kritik
an der Pfarrer-Initiative und deren 'Aufruf zum Ungehorsam' geübt."
Das
heißt also: Piusbrüder "ja", Pfarrerinitiative "nein".
Für unsereinen haben diese Streitereien um den Bart des Christengottes somit weiterhin Unterhaltungswert.