Vatikan tadelt aufmüpfige US-Nonnen

In Österreich sorgen Gruppen wie "Wir sind Kirche" und speziell die "Pfarrerinitiative" für Aufregung im Vatikan. Aber die modernen Zeiten machen sich auch anderenorts bemerkbar. Jetzt hat der Vatikan die Leitungskonferenz der katholischen Frauenorden in den USA ins Visier genommen und ebenfalls Missstände dort festgestellt. Die New York Times berichteten darüber am 18. April 2012:

Vatikan tadelt U.S.-Nonnen und plant Änderungen

Der Vatikan hat einen amerikanischen Bischof beauftragt, die größte und einflussreichste Gruppe katholischer Nonnen in den USA zu zügeln, weil eine Untersuchung erbrachte, dass die Gruppe "ernste doktrinäre Probleme" hätte.

Die Einschätzung des Vatikans besagte, dass Mitglieder der Leadership Conference of Women Religious - LCWR (das ist ein Zusammenschluss von Leiterinnen der Gemeinden der katholischen Ordensfrauen in des USA), die Kirchenlehren über Homosexualität und die ausschließlich männliche Priesterschaft brüskiert hätten und "radikale mit dem katholischen Glauben unvereinbare Feministinnenthemen" förderten.

Die Schwestern wurden auch dafür getadelt, öffentliche Erklärungen abzugeben, die "nicht mit den Bischöfe übereinstimmen oder die herausfordern, welche die authentischen Kirchenlehrer über Glauben und Moral sind." Während der Debatte über die Reform des Gesundheitswesens 2010 sprachen sich amerikanische Bischöfe gegen den Gesundheitsplan aus, aber dutzende Schwestern, von denen viele zur LCWR gehören, unterschrieben eine unterstützende Stellungnahme. Eine Unterstützung, die der Obama-Verwaltung im Kampf um die Gesundheitsreform wichtigen Beistand gab.

Die LCWR ist eine Schirmorganisation religiöser Frauengemeinden und besteht aus 1.500 Mitglieder, die 80 Prozent der katholischen Schwestern in den Vereinigten Staaten vertreten. Die Konferenz wurde auf Verlangen des Vatikans 1956 gebildet und richte sich nach dem Vatikan, meinte die Kommunikationen-Direktorin der Gruppe, die Ordensschwester Annmarie Sanders.

Die Nachricht von der Maßnahme des Vatikans überraschte die Gruppe vollständig, sagte Schwester Sanders. Sie sagte auch, dass sie als die Leitung der Gruppe in Rom war, gedacht hätten, es wäre der routinemäßige jährliche Besuch im Vatikan, bis sie vom Ergebnis der Untersuchung, die 2008 eingeleitet worden war, informiert wurden.

"Ich war wie betäubt", sagte Schwester Simone Campbell, leitende Direktorin eines von Schwestern gegründeten katholischen Netzwerkes zur Unterstützung gesellschaftlicher Gerechtigkeit. Auch ihrer Gruppe wurde im Vatikan-Dokument zusammen mit der Leadership Conference vorgehalten, ihre Arbeit zu sehr auf Armut und wirtschaftliche Ungerechtigkeit auszurichten, während zu Abtreibung und gleichgeschlechtlicher Ehe geschwiegen würde.

"Ich würde mich vorstellen, dass es unser Gesundheitsreformbrief war, der sie auffahren ließ", sagte Schwester Campbell. "Wir haben keine Lehrsätze verletzt, wir haben nur Fragen gestellt und politische Ansichten vertreten."

Das Urteil über die Nonnen wurde von der Glaubenskongregation des Vatikans, die jetzt vom amerikanischen Kardinal William Levada, ehemals der Erzbischof von San Francisco geführt wird, erlassen. Er bestimmte Erzbischof J. Peter Sartain von Seattle dazu, die LCWR mit Hilfe von Bischof Thomas J. Paprocki und Bischof Leonard Blair, die die Verantwortung für die Untersuchung trugen, zu reformieren.

Ihnen wird bis zu fünf Jahren Zeit gegeben, um die Statuten der Gruppe zu revidieren, die Sprecherinnen zu den öffentlichen Programmen der Gruppe zu bestätigen und das Handbuch der Gruppe zu ersetzen, das benutzt wird, um den Dialog über Themen zu erleichtern, die der Vatikan doktrinär festgelegt hat. Sie sollen auch die Verbindungen der LCWR zum Gerechtigkeitsnetzwerk und einer weiteren Organisation, dem Resource Center for Religious Life, überprüfen.

Doktrinäre Fragen stehen im Papsttum von Benedict XVI an vorderster Front, der im Vatikan die Glaubenskongregation leitete, bevor er Papst wurde. Amerikanische Nonnen sind besonders ins Visier der Untersuchung geraten. Letztes Jahr gaben die amerikanische Bischöfe bekannt, dass ein Buch einer populären Theologin der Fordham-Universität, Schwester Elizabeth A. Johnson, aus allen katholischen Schulen und den Universitäten entfernt werden sollte.

Und während der Vatikan die LCWR untersuchte, führte der Vatikan auch eine separate, weitläufige Untersuchung aller religiöser Frauengemeinschaften und Frauenorden in den USA durch. Diese als "Visitation" bekannten Untersuchungen wurden letzten Dezember abgeschlossen, aber die Ergebnisse nicht veröffentlicht.

Soweit die NYT. Auf ihren religiösen Zeitreisen in den Vormodernismus entdeckte die katholische Kirche nunmehr auch bei den US-Nonnen schlimme Ungehörigkeiten. Es gibt eben zwei Welten. Die katholische Vatikanwelt und die wirkliche Welt. Die Kompatibilität dieser beiden Welten nimmt ständig ab. Was der wirklichen Welt nicht schaden kann.