Aggressiv gegen Menschenrechte

APA-OTS-Meldung 0085 vom 25.7.2012:
Berlin, 25.07.12 (KAP) Eine wachsende Respektlosigkeit gegenüber Religionen sieht der UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit, der deutsche Menschenrechtsexperte Heiner Bielefeldt. Erstmals finde ein aggressiver, verächtlicher Grundton gegenüber Religionen breite Resonanz, sagte Bielefeldt am Mittwoch in einem Interview der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur KNA. Er äußerte sich im Zusammenhang mit der Debatte über Beschneidungen.
"Erschreckend sind das Ausmaß an Polarisierung, kulturkämpferischer Aufheizung und der sehr aggressiv verächtliche, ausgrenzende Ton, in dem über Religion geredet wird. Wir erleben gerade eine neue Bruchlinie in der deutschen Gesellschaft. Das macht mir Sorgen", sagte der ehemalige Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte, der an der Universität Erlangen lehrt.
Kritik und Reformaufrufe an Religionen seien legitim, so Bielefeldt, "aber im herrischen Ton mit dem Strafrecht zu drohen, ist kein geeignetes Mittel, um interne Debatten voranzubringen. Das ist vielmehr Ausdruck von Respektlosigkeit". Aus Sicht des Wissenschaftlers waren bisher vor allem Muslime in Deutschland Ziel einer verächtlich aggressiven Religionskritik. Die Beschneidungsdebatte zeige, dass nun auch das Judentum und Religionen insgesamt betroffen seien.
Zur Debatte um medizinische Komplikationen und mögliche kindlichen Traumata im Zusammenhang mit der Beschneidung verwies Bielefeldt auf unterschiedliche Einschätzungen von Ärzten, die sich teils widersprechen. "Ich bin kein Mediziner und kann und will das nicht beurteilen. Wichtig ist, dass die Gesichtspunkte zum Schutz des Kindes klar zur Sprache kommen. Wir müssen schauen, wie wir alle Argumente zusammenbringen", sagte der UN-Sonderberichterstatter: "Soweit ich weiß, hat der Kinderrechtsausschuss der UNO, der für die Umsetzung der UNO-Kinderrechtskonvention verantwortlich ist, die Praxis der Knabenbeschneidung als solche bisher nicht öffentlich kritisiert, wohl aber angemessene medizinische Bedingungen dafür gefordert."

Dieser Herr Bielefeldt ist ausgebildeter katholischer Theologe und somit kein Spezialist für Religionsfreiheit, ganz besonders ist er kein Spezialist für Freiheit von Religion. Er ist offenbar ein Spezialist für die Dominanz von religiösen Lehren über Gesetze und Menschenrechte. Sein Ton gegenüber Menschen, die aus Zeiten der menschlichen Frühgeschichte tradierte Eingriffe für sehr diskussionswürdig halten, ist respektlos und aggressiv.

Laut Bibel hätte ein gewisser Abraham 99-jährig ein Bündnis mit einem Gott, dessen Stimme er zu hören glaubte, geschlossen. In Moses 1, 17 kann man über die Einsetzung der Beschneidung als Bündniszeichen nachlesen. Im Vers 14 heißt es "und wo ein Mannsbild nicht wird beschnitten an der Vorhaut seines Fleisches, des Seele soll ausgerottet werden aus seinem Volk, darum daß es meinen Bund unterlassen hat"

Es gibt inzwischen Juden, die konfessionsfrei geworden sind, von den rund 15.000 Juden in Österreich sind nur 8.000 Mitglied in der jüdischen Glaubensgemeinschaft. Warum werden die andern 7.000 nicht ausgerottet? Das müsste ja auch zur überlieferten Tradition gehören! Und wenn Gott sowas will, dann müsste ja auch das Bestandteil der unkritisierbaren Religionsfreiheit sein!

Aber offenbar muss nicht alles, was einmal religiöse Tradition war, unhinterfragbar bleiben. Wie wurden zum Beispiel Tieropfer abgeschafft? Warum gibt's keine Scheiterhaufen für Hexen und Ketzer mehr? Wieso werden Homosexuelle und Ehebrecherinnen nur noch im islamischen Bereich gesteinigt? Warum setzt sich Herr Bielefeldt nicht für den respektvollen Umgang mit diesen Traditionen ein, die gab es auch Jahrhunderte oder Jahrtausende?

Es ist schon klar, dass die Proportionen nicht stimmen. Im Vergleich zur Steinigung wegen Ehebruchs oder Scheiterhaufen wegen Ketzerei ist die läppische Körperverletzung bei der Babybeschneidung bedeutungslos. Aber auch die Ohrfeige, die der Lehrer seinerzeit austeilen durfte, war im Vergleich zum Erschießungskommando bedeutungslos. Trotzdem sind in unseren Breiten heute weder Erschießungskommandos noch Lehrerwatschen vorgesehen. Menschenrechte sollten eben immer über Traditionen oder religiösen Bräuchen stehen. Die Anbringung einer Art religiösen Brandzeichens an Neugeborenen ist kein Menschenrecht für Neugeborene oder deren Eltern, sondern eine Körperverletzung. Und dass dies aufgrund einer alten religiösen Sage passiert, versetzt nicht Menschen des 21. Jahrhunderts in die Gründungszeiten der mosaischen oder islamischen Religion.

Das öffentlich zu äußern, hat nichts mit Aggression und Respektlosigkeit zu tun, sondern mit den Recht auf freie Meinungsäußerung, mit dem Recht auf Freiheit von Religion, mit dem Recht, für Menschenrechte einzutreten. Das sollte eigentlich jemand, der öffentlich als UN-Fachmann für Religionsfreiheit auftritt und als Menschenrechtsexperte gelten möchte, auch in Erwägung ziehen. Sonst müsste man glauben, dass er bloß der Betreiber einer großen religiösen Rechthaberei ist und sich aggressiv und respektlos mit verächtlichem Grundton über die Allgemeingültigkeit der Menschenrechte äußert.