Richter Luigi Tosti freigesprochen

Die italienische Justiz ist für ihre Langsamkeit berüchtigt. Darum ist zum jetzt bekannt gewordenen Freispruch des Richters Luigi Tosti durch das Berufungsgericht in Aquila die dazugehörige Geschichte schon weitgehend in Vergessenheit geraten.

Im Jahre 2004 hatte sich Tosti geweigert, sein Richteramt unter einem Kruzifix auszuüben, er wurde deshalb im November 2005 wegen Unterlassung von Amtshandlungen zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt. Dieses Urteil wurde vom Berufungsgericht bestätigt. Erst im Juli 2009 erklärte der Kassationshof die vorherigen Urteile für ungültig. Im Jahr 2006 wurden Tosti Stellung und Gehalt gekündigt. Am 22. Januar 2010 schloss der Oberrat des Richterstandes Richter Tosti aus der Gerichtskammer aus. Die italienische Justiz klammerte dabei die Ursache aus dem Verfahren aus, sondern warf dem Richter nur vor, durch Arbeitsverweigerung die Justiz zu behindern.

Im Dezember 2006 teilte Richter Luigi Tosti mit, dass der Consigliosuperiore della Magistratura ihm schrieb, die Direktive aus dem Jahre 1926, unterschrieben vom faschistischen Minister Rocco, mit der die Anbringung von der römisch-katholischen Kirche verlangter religiöser Symbole in Gerichtssälen angeordnet wurde (wie in Schulen oder Krankenhäuser und jedem anderen öffentlichen Gebäude) als abgeschafft zu betrachten ist, seit die Republikverfassung vom Dezember 1947 verbürgt, dass alle Bürger vor dem Gesetz gleich sind - ohne Unterschied von Geschlecht, Rasse oder Religion.

Bis Juli 2012 dauerte es, bis sich die italienische Justiz dieser Meinung anschloss: faschistisch-katholische Anordnungen aus dem Jahre 1926 stehen nicht über der italienischen Verfassung. Tostis Kampf geht jetzt weiter: um die Wiedereinsetzung als Richter und die Nachzahlung seiner Bezüge, die er durch die ungerechtfertigte Verfolgung nicht erhalten hat. Und um kruzifixfreie Gerichtsräume! Dieser große laizistische Erfolg im katholischen Stammland freut uns alle!