Gehen Sie mit dem Hund weg, ich bin Moslem!

Quelle: Martin Balluchs Blog vom 12. September 2012 (Martin Balluch ist ein bekannter österreichischer Tierschützer - "Tierrechtsaktivist" - und Obmann des Vereins gegen Tierfabriken, der folgende Text verdient es sich unabhängig von der eigenen Einstellung zu den konkreten Tätigkeiten mancher Tierschützer verbreitet zu werden)

Gestern stellten sich mein Hund und ich in einem Falafel-Take-Away in Linz in einer Schlange an, um einen Snack zwischendurch zu erstehen. Mein Hund war dabei an der Leine und stand ganz brav und ruhig neben mir. Vielleicht hechelte er etwas aufgrund der Hitze. Da drehte sich die Frau vor mir um und sagte "Gehen Sie mit dem Hund weg, ich bin Moslem!". Als Moslem halte sie aus religiösen Gründen Hunde für unrein und möchte daher nicht mit ihnen in Berührung kommen. Sie erwartete ganz offensichtlich eine Entschuldigung meinerseits und, möglicherweise, dass ich mit meinem Hund den Shop verlasse. Für sie war offenbar ganz klar: wenn jemand aus religiösen Gründen diesen oder jenen Spleen hat, dann müssen alle im Umfeld das sofort respektieren und danach handeln.

Ich empfand aber, im Gegenteil, diese Aussage als echte Frechheit.
Wenn sie meinen Hund aus religiösen Gründen als seelisch unrein empfindet, dann ist das ihr Problem, nicht meines und nicht das meines Hundes. Am liebsten hätte ich geantwortet: und nach meiner Religion haben Hunde immer Vorrang. Was machen wir jetzt? Lustigerweise kam mir ein zweiter Hund zu Hilfe. Ein winziger weißer Mischlingshund betrat ebenfalls hechelnd den Shop, an der Leine ein freundlicher Mann. Die Frau sprach tatsächlich auch diesen sofort an - und erntete auch von ihm völliges Unverständnis. (..)

Die Frau war ganz offensichtlich der Ansicht, eine religiöse Begründung für die Entfernung des Hundes würde auf sehr positive Resonanz stoßen und man würde sofort größtes Verständnis für sie haben. Das Gegenteil war der Fall, insbesondere bei Forderungen dieser Art, die der Lebensweise vieler Menschen hierzulande diametral entgegen stehen.

Andererseits zeigt der Vorfall in meinen Augen die Problematik, die Religion oft mit sich bringt. Wenn Hunde aus religiösen Gründen unrein sind, dann lässt sich darüber nicht diskutieren. Da kann man nicht nachfragen, warum das so ist. Da kann mein Hund so lieb und sauber sein, wie er will, er kann nichts an diesem Urteil ändern. Und deshalb ziehe ich die rationale Diskussion vor. Wenn religiöse Ansprüche die Lebensweise anderer Menschen einschränken, dann ist ein Konflikt vorprogrammiert, weil sich das Problem ja nicht argumentativ lösen lässt. Religion verlangt daher auch immer sehr viel Toleranz, niemand Außenstehender dürfte durch religiöse Vorschriften kompromittiert werden. Wenn Religion durch innere Überzeugungen begründet wird, dann sollte sie auch innen bleiben.

Und nicht zuletzt ist dieses Erlebnis für mich ein weiterer Hinweis auf den zunehmenden Hundehass in unserer Gesellschaft. Die Frau wird diesen Auftritt nicht zum ersten Mal gehabt haben. Und offenbar hat sie damit noch nicht angeeckt, weil man in weiten Kreisen leider den Wunsch nachvollziehen kann, Hunde zunehmend aus allen sozialen Begegnungen auszuschließen. Eine traurige Entwicklung.