Im
Tectum-Verlag erschien im August 2012 das Buch von Hubertus Mynarek, "Warum
auch Hans Küng die Kirche nicht retten kann - Eine Analyse seiner Irrtümer"
(239 Seiten, Euro 19,90).
Mynarek war Priester und Professor für Fundamentaltheologie
und Religionswissenschaft an die Universität Bamberg, ab 1968 an der Uni in
Wien. 1972 verfasste Mynarek einen offenen Brief an Papst Paul VI., in welchem
er die Aufhebung des Zölibates und die Demokratisierung der katholischen Kirche
fordert. Im gleichen Jahr trat er aus der Kirche aus und heiratete. Er war damit
der erste Universitätsprofessor der deutschsprachigen Theologie im 20. Jahrhundert,
der aus der katholischen Kirche austrat. Ihm wurde sofort die kirchliche Lehrerlaubnis
entzogen. Die Republik Österreich schickte ihn mit 44 in die Frühpension. Seither
lebt er als freier Schriftsteller, u.a. schreibt er für die Mitgliederzeitschrift
"diesseits" des Humanistischen Verbandes Deutschlands, seine zahlreichen
Bücher sind zum Teil sehr kirchenkritisch, aber er schreibt auch Philosophisches,
das nicht immer mit atheistischen Ansichten voll kompatibel ist.
Hier
ein Zusammenfassung zum aktuellen Buch: Hans Küng gilt vielen progressiven
Katholiken als Identifikationsfigur und aufrechter Kämpfer für eine menschlichere
Kirche. In Küngs Buch "Ist die Kirche noch zu retten?" gibt sich Küng
als Arzt und Heiler seiner Kirche, der ihre schweren Krankheiten diagnostiziert
und der in seinen Augen Todkranken die wirksamsten Therapien verschreibt. Doch
Küngs Therapievorschläge sind zu halbherzig. Sie sind weit entfernt von einer
Radikaloperation, durch die die Kirche vielleicht noch gerettet werden könnte.
Diese profilierte Meinung vertritt Hubertus Mynarek engagiert in seinem neunen
Buch "Warum auch Hans Küng die Kirche nicht retten kann. Eine Analyse seiner
Irrtümer". An fünf Grundirrtümern Küngs macht er die Unwirksamkeit seines
Rettungsversuchs deutlich. So meint Küng, obwohl er es eigentlich besser wissen
müsste, dass Jesus irgendwie etwas mit der sich auf ihn berufenden Kirche zu
tun hat. Dabei hat die Forschung, vor allem auch von Theologen, doch längst
ergeben, dass Jesus als gläubiger Jude zu verstehen ist, dass er kein Kirche,
keine neue Religion gründen wollte, dass er sich nur gesandt sah "zu den
verlorenen Schafen des Hauses Israel". Wie Ratzinger nimmt Küng die wissenschaftliche
Forschung letztlich nicht erst. Küng wird ja auch nicht müde, seine inhaltliche
Übereinstimmung mit Ratzinger immer wieder selbst zu betonen.
Wie Ratzinger,
aber auch wie viele andere Zeitgenossen idealisiert Küng die Person Jesu. Er
ist für ihn der vollkommenste Mensch, ein unerreichbares Vorbild, und ein Frauenfreund,
ja der erste, der Frauen positiv würdigt. Besonders gegen diesen Jesus als ersten
Feministen erhebt Mynarek schwere Bedenken und belegt dies aus neutestamentlichen
Stellen, wo Jesus herablassend und keineswegs wie der Neue Mann spricht. Jesus
als Frauenfreund ist ein Wunschbild, dem der historische Jesus nicht entsprochen
hat.
Küng ist bekannt geworden u.a. durch seine Kritik am Papsttum und am
Unfehlbarkeitsdogma. Dabei will er selbst das Papsttum aber gar nicht abschaffen,
sondern meint allen Ernstes, dass es möglich sei, es in einen "pastoralen
Petrusdienst" zu verwandeln, also dass die Institution quasi von sich aus
auf ihren Machtanspruch verzichtet. Mynarek hält auch dies für Wunschdenken.
Und auch für Küng gibt es so etwas wie eine Unfehlbarkeit. Er nennt es Idefektibilität
und meint damit, dass die Kirche den wirklichen Weg zu Gott nie verfehlen kann.
Mynarek fragt an, wie man an so etwas bei der doch vorhandenen genauen Kenntnis
Küngs über die Verbrechen der Kirche ernsthaft festhalten kann. Küng gibt sich
trotz eines 2000jährigen Erweises des Gegenteils immer noch der Illusion hin,
als leite ein Heiliger Geist die Kirche auf dem rechten Wege.
So setzt Küng
auch die Spiritualität mit der Kirche gleich, obwohl die katholische Kirche
nach Mynarek doch die "Perversion der Religion" darstellt. Spiritualität,
wenn man den Begriff denn verwenden will, greift viel weiter und kann und darf
nie an eine Institution gebunden sein. Im Buch plädiert Mynarek deshalb für
eine neue Spiritualität.
Das kenntnisreiche und glänzend geschriebene Buch
aus der Hand des kritischen Theologen Mynarek wird so zur besten Kritik an dem
vielfach überschätzten "Reformer" der katholischen Kirche.
Selbst
die Anhänge im Buch sind ungewöhnlich interessant, weil dort noch auf die Kardinäle
Meissner und Lehmann eingegangen wird sowie auf Karl Rahner, den wohl bedeutendsten
katholischen Theologen des 20. Jahrhunderts. Der hatte eine über Jahrzehnte
gehende, natürlich geheim gehaltene Beziehung zur Schriftstellerin Luise Rinser.
Dies wurde bekannt, als diese nach seinem Tod seine Briefe veröffentlichte.
Seine eigene Beziehung zu einer Frau hielt ihn aber nicht davon ab, sich strikt
z.B. für den Zölibat auszusprechen. Mynarek kannte und kennt alle diese Prominenten
Köpfe der katholischen Kirche persönlich und bringt in seinem Buch deshalb auch
manch interessantes biographische Detail. Küng, Lehmann und Meissner werden
das Buch lesen müssen.
Soweit diese Zusamemnfassung.
Anzumerken
ist dabei allerdings: Mynarek ist nicht frei von religionsähnlichen Anwandlungen,
er ist kein Atheist. Aber er hat einen scharfen Blick auf religiöse Vorstellungen
und Widersprüche. Seine tiefschürfende Zerpflückung der Ansichten des katholisch gebliebenen
kritischen Kirchenreformers Küng (nicht verwandt mit dem St.Pötner Bischof Klaus
Küng) hat auch für Atheisten Unterhaltungswert: Nicht nur dass Kirchenreformen
nix bringen, Mynarek kennt auch die gesamte katholische Szene sehr genau und
formiert davon interessante Bilder.