Oben sitzen in heiliger Dreifaltigkeit dreieinig die drei
Gottesfalten Vater, Sohn und Heiliger Geist. Sie sind gemeinsam allwissend,
allmächtig und allgütig. Sie machen also nie was falsch. Wenn bei einem
Erdbeben ein Bordell zusammenstürzt, war es eine Strafe Gottes, geht eine
Kirche in Trümmer, war es ein unerforschlicher göttlicher Ratschluss,
möglicherweise wollte Gott die erschlagenen Gottesdienstbesucher - weil sie gar
so brav waren - schon früher ins Paradies holen. Wenn ein Flugzeug mit
gemischtem menschlichen Inhalt abstürzt, dann werden die einen bestraft und die
anderen vorzeitig belohnt. Oder so halt irgendwie.
Aber jedenfalls ist der dreieinige Gott der oberste
katholische Befehlshaber und kennt die absolute Wahrheit. Auf Erden hat er
einen Stellvertreter, der durch heiligegeistliche Erleuchtung von den durch
heiligegeistliche Erleuchtung ernannten Kardinälen auserwählt wird und
unwidersprochen recht hat. Schließlich ist er sogar unfehlbar, aber dummerweise
nimmer allmächtig.
Danach folgen die Kardinäle, die haben auch immer recht,
soweit sie dasselbe reden wie der Papst und der redet ja immer das, was Gott
will. Diese Linie der katholischen Wahrheiten wirkt weiter zu den Erz-, Normal-,
und Weihbischöfen, auch dort ist immer alles richtig, soweit sie dasselbe sagen
wie die Obrigkeit in Rom, weil es gibt ja nur diese eine Wahrheit.
Darunter sind dann die Vikare, die Dechanten, die Pfarrer, die Kapläne,
die Diakone, die Pastoralassistenten, die Pfarrgemeinderäte. Ebenso: Solange
sie der göttlichen Wahrheit, die ihnen von oben übermittelt wird, brav folgen,
haben auch sie immer recht und tun das Richtige.
Dann kommt das Glaubensvolk. Hier gibt's dann Probleme. Weil
dort kommt die göttliche Wahrheit irgendwie nimmer so recht an. Bei einem ganz
kleinen Teil schon noch, beim nächstgrößeren Teil sind Leute stellenweise
anderer Meinung, zum größeren Teil ist dem Kirchenvolk die durchgehende
göttliche, päpstliche, kardinale, bischöfliche, priesterliche Wahrheit schlichtweg
einfach wurscht. Sie befassen sich damit gar nicht mehr, religiös sind sie
meist nur einmal im Jahr, wenn sie sich über den vorgeschriebenen Kirchenbeitrag
ärgern und dann heilige Namen im Zorne aussprechen.
An dieser von Päpsten, Kardinälen und Bischöfen so weit
entfernten Ebene der nichthimmlischen realen Wahrheit, fallen den dort tätigen
priesterlich geweihten hauptamtlichen Christen dann wahrhaft wahre Widersprüche
auf, die mit der göttlich-römischen Wahrheit schlecht zusammenpassen.
Diese Berufschristen merken zwar nicht die Gesamtheit des Problems, aber
immerhin die Schwierigkeiten, die sie selber treffen. Die Kirchen werden immer
leerer, die Täuflinge weniger, die Austreter mehr. Zum Beispiel sehen sich wiederverheiratete
Geschiedene, die mit der Wiederverheiratung nicht auch gleich den
Kirchenaustritt verbunden und sogar den anerzogenen Glauben nicht ausgezogen
haben, als Gemeinschaftsfeinde behandelt, sie sind reuelose Sünder
und sowas lieben der Herr Gott, der Herr Papst, die Herren Kardinäle und
Bischöfe nicht, diese Nächsten darf auch der Pfarrer nicht lieben. Die geweihten
Berufschristen müssen ihre sexuellen Bedürfnisse in illegalen Beziehungen oder
unter der Hand befriedigen usw. usw. Da viele der
heutigen Geistlichen ihre Pfarrerausbildung in den kirchlichen Aufbruchzeiten
nach dem Zweiten Vatikanum erhalten haben, sind sie auch persönlich von der
heutigen Situation des päpstlichen Bemühens um die Wiederkehr des
Vormodernismus nicht unbedingt mit glühender Freude erfüllt.
Manche haben angefangen, den Gehorsam zu verweigern.
Der österreichische Oberbischof Schönborn, der als Kardinal
in der Kommandohierarchie hinter Gott und Papst im dritten Glied steht, kann
sowas überhaupt gar nicht akzeptieren. Jesus hat gesagt, er ist die Wahrheit
und das Leben, der Ratzinger ist der Stellvertreter Christi und der Helmut
Schüller und seine Pfarrerinitiative glauben, dass sie es besser als Götter und
Päpste wissen?
Am 3.10.2012 stellte nun ein Hirtenbrief zum "Jahr des
Glaubens" klar: ein "Aufruf zum Ungehorsam" kann auch weiterhin
nicht unwidersprochen hingenommen werden, zum Priestermangel heißt es, in
dieser Situation gelte es dorthin zu schauen, wo geistlichen "Berufungen
blühen" und daraus zu lernen, unter welchen Bedingungen "Berufungen
wachsen können", zu den wiederverheiraten Geschiedenen wird festgehalten,
es werde viel zu wenig darauf hingewiesen, "dass Jesu Worte über die
Unauflöslichkeit der Ehe aus Seinem Erbarmen mit uns Menschen kommen und dass
viel Leid, viele Verletzungen, auch viel Unbarmherzigkeit durch unsere Untreue
Seinem Wort gegenüber entstehen, unter denen Partner, Kinder, ganze Familien
oft schwer zu leiden haben", zum Sonntagsmessbesuch meint man, das
Bewusstsein von der Wichtigkeit der Mitfeier der sonntäglichen Eucharistie sei
"deutlich zurückgegangen" und die Ursachen dafür nicht klar. Gesucht
sind Missionare: Damit sich die Türen für den Glauben auftun können, seien
auskunftsfähige Zeugen gefragt. Dies umso mehr, weil der
"Grundwasserspiegel des religiösen Wissens stark gesunken ist".
Deshalb gelte es im "Jahr des Glaubens" das persönliche
Glaubenswissen zu vertiefen.
Alles bestens! Ändern tun wir nix, Priesternachwuchs suchen
wir in Ländern, wo sowas noch ein gesellschaftlicher Aufstieg ist, gescheiterte
Ehen sollen strafweise aufrecht bleiben. Warum uns die Leute davonlaufen,
wollen wir gar nicht wissen, weil wir heben jetzt im Jahr des Glaubens den Grundwasserspiegel
des religiösen Wissens und ab 2014 ist alles wieder paletti!
Irgendwie ist die katholische
Hierarchie in ihrer heiligen Einfalt schon eine spaßige Gemeinschaft.