Russische Madonna-Klage

Nein, nicht die liebe Gottesmutter, auf italienisch "Madonna" genannt, wird verklagt und auch nicht der italienische Fußballtrainer Armando Madonna, sondern Madonna Louise Ciccone.

Sie ist unter ihrem Künstlernamen "Madonna" eine berühmte Popmusik-Ikone, laut Wikipedia ist sie die kommerziell erfolgreichste Sängerin der Welt. Und so jemand kommt auch nach Russland, tritt dort auf und äußert sogar ungefragt Meinungen. In Russland ist es recht einfach, Meinungen zu haben, die man nicht haben darf. Das war schon in sowjetischen Zeiten so gewesen, hatte aber damals zumindest einen sachlich nachvollziehbaren Hintergrund, man wollte eben nicht das, was dann der Gorbatschow erreichte, nämlich das Ende dessen, was sich selber als "Realsozialismus" bezeichnet hatte. Meinungsvorschriften haben nichts genutzt, die UdSSR ging trotzdem in Konkurs.

Jetzt hat man noch skurrilere Gesetze. Man wird nicht nur bestraft, wenn man in einer Kirche ein Protestlied singt, sondern sogar schon, wenn man öffentlich Toleranz für Homosexuelle fordert. Weil, so ist man in Russland überzeugt, davon werden junge Leute homosexuell. Besonders die russisch-orthodoxe Kirche setzt sich darum sehr für diesen Jugendschutz ein, schließlich weiß man dort ja, dass Gott der HErr in seinem Weltbestseller namens "Bibel" im Band Moses Nr. 3 im Kapitel 20 geschrieben hat, "schläft einer mit einem Manne, wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Gräueltat begangen; beide werden mit dem Tod bestraft". Und schließlich heißt es sogar im katholischen Katechismus, Artikel 121, "das Alte Testament ist ein Teil der Heiligen Schrift, der nie aufgegeben werden kann. Seine Bücher sind von Gott inspiriert und behalten einen bleibenden Wert, denn der Alte Bund ist nie widerrufen worden". Und die Russisch-Orthodoxen wissen das ja noch viel besser als die Katholischen, schließlich sind sie ja schon laut Namen "rechtgläubig". Und auch sonst ziemlich rechts.

Dass in Russland Menschen umgebracht werden, weil der alte Bund mit Gott noch gilt, ist zum Betrüben der Rechtgläubigen auch dort nimmer möglich, aber Strafen wegen "Homosexuellenpropaganda" kann man verhängen!

Aus einer ORF-Meldung:
US-Popstar Madonna sieht sich nach einem Konzert in Russland mit einer Schadenersatzforderung in Höhe von umgerechnet 8,3 Millionen Euro konfrontiert. Ein Gericht in St. Petersburg begann am Donnerstag (11.10.2012) in Abwesenheit der Sängerin mit der Prüfung einer Klage wegen angeblicher "Homosexuellenpropaganda". Madonna hat im August bei einem Auftritt in der Stadt zur Toleranz gegenüber Homosexuellen aufgerufen. Damit habe die Künstlerin die Gefühle Gläubiger verletzt, zitierte die Agentur Interfax aus einer Strafanzeige mehrerer Bürger. Im März war in der Touristenmetropole ein umstrittenes Gesetz in Kraft getreten, das öffentliches Reden über Homosexualität unter Strafe stellt.

Da wird sich Madonna aber fürchten! So eine hohe Strafe! Sie wird es sich gar nimmer leisten können, nochmals in Russland aufzutreten, so ein Pech aber auch für Madonna Louise Ciccone! Oder ist es bloß ein Pech für ihre russischen Fans? Zeigen tut sich in dieser Geschichte jedenfalls: in Russland laufen heftige Bemühungen, noch depperter zu sein als US-Republikaner! Ganz hat man es zwar noch nicht geschafft, aber man ist auf einem aussichtsreichen Weg!

PS:
Bei der Confessions Tour 2006 gab es eine Szene bei der Madonna mit Dornenkrone am Kreuz sang, was von strenggläubigen Christen als gotteslästerlich verurteilt wurde. In Deutschland wurde damals sogar die Einleitung eines Strafverfahrens nach §166 StGB (Religionsbeschimpfung) geprüft. Weltweit gab es deswegen unzählige Klagen, keine davon führte zum geforderten Auftrittsverbot, Boykottaufrufe blieben ohne jede Wirkung.
Hier der Clip von am Kreuz mit Dornenkrone gesungenen "Live to tell":


PS: Die Klage wurde von einem Gericht in St. Petersburg im November 2012 abgewiesen.