Pfarrerinitiative bleibt offensiv

Die katholischen Hierarchen versuchten bisher vergebens, aufmüpfiges Fußvolk und aufmüpfige Kleriker wieder in die gottgewollte katholische Ordnung zu zwingen. Zwar ist es für unsereinen schwierig zu verstehen, warum jemand überhaupt katholisch oder überhaupt religiös ist. Unsereiner ärgert sich darüber, wenn Kirchen Privilegien haben, wenn Kirchen in der öffentlichen Wahrnehmung ständig überbewertet werden, unsereiner sieht es mit Genugtuung, wenn die Zahl der tatsächlich religiösen Menschen ständig sinkt und religiöse Lehren im Alltag kaum mehr eine Bedeutung haben.

Aber trotzdem: Auch unsereiner hierarchisiert. Die katholische Kirche ist im Vergleich zum US-Kreationismus oder gar zum Islam eine Ausgeburt an liberaler Weltoffenheit, wird diesbezüglich aber locker von den nichtevangelikalen Protestanten überboten. Wir sehen, dass liberale Glaubensgemeinschaften ihren Mitgliedern Freiheiten einräumen, die es früher nicht gegeben hat, wir sehen dabei auch, dass dies die Religionsfreiheit auch in die Richtung der Freiheit von Religion fördert.

Auch die Pfarrerinitiative ist eine Einrichtung, die diese zweischneidige Wirkung hat. Die Pfarrerinitiative unterstützt weltoffene, dem Leben in der Wirklichkeit zugewandte Katholiken und macht dem katholischen System Schwierigkeiten. Und außerdem fördert sie bei Taufscheinchristen den Glaubensabfall. Weil diese im Zuge der öffentlichen Debatten motiviert werden, ihre faktische Religionslosigkeit auch in eine tatsächliche umzuwandeln. Die Pfarrerinitiative stellt somit einem Teil der Öffentlichkeit die Frage: was soll das Ganze? Wer braucht das überhaupt?

Das ist klarerweise nicht beabsichtigt, aber es funktioniert, weil es Unklarheiten klarer macht, Unsicherheiten zu Sicherheiten. Es leben in Österreich Millionen Menschen einen atheistischen Alltag, sind aber Kirchenmitglieder. Ungehorsamsdebatten und Reformforderungen für Dinge, wie Abschaffung des Zölibats, Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene oder von Laien gelesene Messen, machen dies bewusst: ich geh ja sowieso nie in die Kirche, also kann mir das egal sein und warum soll ich überhaupt Kirchenbeitrag zahlen?

In Linz tagte am 21.10.2012 die Pfarrerinitiative und fasste Beschlüsse über ihr weiteres Handeln. Der einstimmig als Sprecher wiedergewählte Helmut Schüller kündigte eine Ausweitung der Tätigkeiten an. Man wolle sich nun auch dem "Kirchenbürger" zuwenden. Die kirchenamtliche Bezeichnung "Laien" lehne man ab, "es muss so etwas wie eine Kirchenbürgerrechtsbewegung geben. (..) Jeder Supermarktkunde hat heute mehr Rechte gegenüber dem Supermarkt, als ein Getaufter gegenüber der Kirche. Er kann wenigstens reklamieren." Vorerst ist ein Treffen mit interessierten Pfarrgemeinderäten geplant. Die von den Bischöfen behauptete Bestätigung des Zölibats durch das 2. Vatikanum stellte Schüller richtig: "Das Zweite Vatikanische Konzil hatte nicht Möglichkeit, über den Zölibat zu diskutieren und über ihn abzustimmen". Für Zölibatsabschaffung, die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene und das Frauenpriestertum werde man sich weiterhin einsetzen. Als Gäste waren Vertreter von "Wir sind Kirche" und von ausländischen Priesterinitiatven anwesend.

Der ORF OÖ berichtete 1 Minute und 49 Sekunden über die Veranstaltung.



Initiativensprecher Helmut Schüller

Auch andere bekannte Ungehorsame waren anwesend:

Udo Fischer ...


... und der legendäre Hans Gruber, ein alter Befreiungstheologe!

Alles Gute der Pfarrerinitiative, mögen die Brosamen von ihrem Tisch dem Glaubensabfall zufallen!