Ratzingers 3. Jesusbuch ...

... erschien am 20. 11. 2012. Lang erfleht und heißt ersehnt ist es endlich da, nun können die Gläubigen auch alles über die Geburt und Kindheit vom Jesus erfahren. Zwar weiß heute jeder Interessierte, dass diese Geschichten um die Jesusgeburt deswegen in die Evangelien eingebaut wurden, um die Erfüllung von altbiblischen Prophezeiungen über den Messias zu belegen. Z.B. die Geburt in Bethlehem, wozu eine Volkszählung bemüht wurde, die zeitlich nicht dazu passt.

Aber beim Ratzinger ist alles wahr, was in der Bibel steht, schließlich hat der Hl. Geist die Evangelisten ja entsprechend erleuchtet. Das Buch heißt "Jesus von Nazareth. Prolog. Die Kindheitsgeschichten" erscheint in der deutschsprachigen Ausgabe im Verlag Herder gleich mit einer Startauflage von 100.000 Stück (für deutlich über 30 Millionen deutschsprachige Katholiken keine Riesenzahl, man erwartet also, dass von 1000 Katholiken es drei kaufen), hat nur 172 Seiten und kostet trotzdem 20,60 Euro, also in echtem Geld 283,50 Schilling, um so viel Geld kann man sich auch richtige Bücher kaufen!

Ich geb's zu, ich kauf es nicht und les es nicht. Aber der Redakteur der OÖNachrichten, Heinz Niederleitner, ist ja ein entlaufener Schreiber der Linzer Kirchenzeitung und kennt sich katholisch entsprechend gut aus, man kann daher in seinem Artikel zu diesem Thema vom 21.11., ausreichend viel über die ratzingerische Jesusjugend finden und dies zwecks der üblichen krawallatheistischen Hetzerei verwerten.

Das o.a. Beispiel von Bethlehem verwendet auch Niederleitner, er nennt das "wartende Worte" im Alten Testament. Wie einfach sich Ratzinger seine Schreiberei machte, zeigt dieser Absatz aus dem Niedrleitner-Artikel: "Der Papst schreibt: 'Bedeutende Vertreter der modernen Exegese sind der Meinung, die Nachricht der beiden Evangelisten Matthäus und Lukas, wonach Jesus in Bethlehem geboren wurde, sei eine theologische, nicht eine historische Aussage. In Wirklichkeit sei Jesus in Nazareth geboren worden.' Hintergrund: Die angesprochenen Exegeten nehmen an, dass die Evangelisten die Geburt in Bethlehem lokalisieren, weil im Alten Testament der Messias von dort erwartet wird. Aber auf eine lange Diskussion der Argumente lässt sich der Papst hier nicht ein: 'Wenn wir uns an die Quellen halten, bleibt klar, dass Jesus in Bethlehem geboren und in Nazareth aufgewachsen ist'."

Ein solcher Umgang mit Quellen hat ungefähr dieselbe Qualität als würden nordische Neuheiden heute die germanischen Sagen aus der Edda als sichere Quelle für die Existenz Wotans nehmen. Heinz-Werner Kubitza schreibt in seinem Buch "Der Jesuswahn" auf Seite 85ff über die Jesus-Geburtslegenden bei Matthäus und Lukas: "In der Forschung gelten sie für das Leben Jesu, grob gesagt, als völlig wertlos (..). Sie sind Erfindungen der Evangelisten (..) und rein aus theologischem Interessen heraus entstanden". Die Volkszählung bzw. Steuerschätzung die als Grund für die Bethlehemreise angeführt werden, "hat es so nicht gegeben", der erste Zensus habe 6-7 u.Z. stattgefunden und erstreckte sich nicht auf Galiläa. Alles Geburtsdrumherum - einschließlich des Ochsens und des Esels an der Jesus-Krippe - hat seine Quellen in Texten der jüdischen Schriften, z.B. "ein Ochs kennt seinen Herrn und ein Esel an der Krippe seines Krippe, aber Israel kennt es nicht, und mein Volk vernimmt es nicht", Jesaja 1,3. So schlicht ist die ganze Jesus-Frühgeschichte konstruiert, Kubitza hat das in dreieinhalb Seiten in Grund und Boden argumentiert, Ratzinger schafft 172 Seiten voller Wahrheiten.

Ratzinger baute auch wesentliche Glaubenelemente in sein Buch ein.
Niederleitner: "Dass der Papst keinen Zweifel am offiziellen kirchlichen Glauben an Maria als Jungfrau äußert, ist klar. Überraschend ist aber, dass er dies mit dem Glauben an die Auferstehung Jesu verbindet: 'Insofern sind diese beiden Punkte - Jungfrauengeburt und wirkliche Auferstehung aus dem Grab - Prüfsteine des Glaubens'." Da ist zu fragen, ob es sinnvoll ist, einer Gesellschaft, die schon mit dem Auferstehungsglauben Probleme hat, im selben Atemzug die Jungfrauengeburt aufzubürden. Dass der Band, der im Grunde den Glauben schon voraussetzt, in unserer naturwissenschaftlich dominierten Zeit kritische Menschen von der Vernünftigkeit des Christusglaubens zu überzeugen vermag, dürfte wenig wahrscheinlich sein."

Eine klare Erkenntnis. Laut einer Umfrage vom April 2012 glauben in Österreich nur noch dreißig Prozent der Befragten an die Auferstehung des Jesus, nach der Jungfrauenschaft der Maria wurde nicht gefragt, an die Gottesmutter glauben 26%. In Österreich sind zurzeit rund 64 % der Bewohner katholisch, da scheitern offenbar mehr als die Hälfte der Kirchenmitgliedern an zwei päpstlichen Prüfsteinen. Wozu man wieder einmal fragen könnte: Und warum zahlen diese Leute einen Kirchenbeitrag?