Ergänzt am 22.12.2012, siehe unten
Alle kennen es. Manche lesen das Weihnachtsevangelium vor der Bescherung
vor. Es ist der Startschuss für die Weihnachtsfeiertage. Ernsthafte Wissenschaftler
bezweifeln indes, dass sich die Geschichte so zugespielt hat. Aber auch wenn
was dran sein sollte: Der Glaubwürdigkeitsgehalt der Geschichte liegt für wache
Menschen des 21. Jahrhunderts so ziemlich bei Null. Daher der riskante Versuch
einer entstaubten Version:
Im heutigen Israel lebte vor zirka 2000 Jahren
ein Zimmermann. Er hieß Josef. Seine Frau Maria war zu ihrem ersten Kind schwanger.
Beide sollten von Nazareth nach Bethlehem kommen, weil eine Volkszählung angeordnet
war. So holten sie den Esel aus dem Stall, Maria setzte sich darauf und Josef
führte sie durch die Steinwüste.
Drei Tage dauerte es bis nach Bethlehem.
Natürlich waren sie nicht die einzigen in der Stadt. Tausende andere Juden bemühten
sich ebenfalls um einen Platz in den Gasthäusern, sodass es kaum möglich war,
ein Bett zu bekommen. Wahrscheinlich waren es die holprigen Bewegungen des Esels,
die bei Maria die Wehen ausgelöst hatten. So sagte sie zu ihrem Mann: "Ich
glaube, ich bekomme das Kind."
Die Panik des jungen Vaters kann man
sich vorstellen. Wo sollte seine Frau entbinden? Nur ein einziger Wirt bemerkte,
dass sich die Frau hinter Josef auf dem Esel bereits vor Schmerzen krümmte,
und er erinnerte sich an die Hütte außerhalb der Stadt, in der er Geräte gelagert
hatte und Tiere eingestellt waren. "Wenn es euch nicht zu schlecht ist,
aber diese Hütte könnt ihr gerne haben", sagte er. Dankbar nahmen Josef
und Maria das Angebot an. Ein Ochs und ein Esel standen darin angebunden, eine
Futterkrippe war da, und eine Liege gab es auch.
Es dauerte nicht mehr sehr
viele Wehen und das Kind war auf der Welt. Josef freute sich so wahnsinnig darüber,
dass ihm war, als hörte er die Engel singen. Dieser kleine Bub sollte einmal
etwas ganz Besonderes werden. Dass er Jesus heißen würde, darüber war er sich
mit Maria schon einig geworden. Josef lief hinaus in die Nacht und schrie voller
Freude: "Ich habe einen Sohn bekommen!"
Nicht weit davon entfernt
schliefen Schafhirten. Natürlich wurden sie wach von dem Geschrei. Als sie Josef
sahen, kam ihnen der von hellem Mond beschienene Mann wie ein Engel vor, der
irgendetwas schrie von "Ehre" und von "Gott in der Höhe".
"Wenn sich der so freut, dann müssen wir schauen, was da los ist",
meinte ein Hirte. So gingen sie zur Hütte. Dort waren die Männer dann schon
sehr gerührt, als sie den kleinen Buben in der Futterkrippe sahen. "Ich
verstehe den Vater, dass er sich so freut", sagte einer. Und ein anderer
meinte: "Wenn hier heraußen in der Wüste ein Kind gesund zur Welt kommt,
dann muss es wirklich etwas Besonderes sein."
Bert Brandstetter ist
Präsident der Katholischen Aktion OÖ.
Damit hatten die echt Katholischen wenig Freude, am 20.12. gab's in Leserbriefen
etliche christliche Worte aufs Dach vom Brandstetter. Dieser hatte sich doch
schon etwas an die historische-kritische Bibelauslegung herangewagt, wenn auch
keineswegs wirklich mit voller Wäsch. Die lass ich aber heute auch beiseite
und gebe nur wieder, wie ein leitender katholischer Laienfunktionär Weihnachten
sieht. Brandstetter verkündet ja des Öfteren gewendete katholische Sichten,
siehe Info Nr. 1104.
Über die Weihnachtsgeschichte
können Interessierte beispielsweise bei Heinz-Werner Kubitza, "Der Jesuswahn",
die Seiten 85-89 nachlesen, da bleibt gar nichts davon übrig, es ist eine reine
Legende, die zwecks Erfüllung von alttestamtarischen Prophezeiungen erfunden
wurde. Und ausgerechnet zu Weihnachten wurde Jesus geboren, weil seit Urzeiten
Menschen den wieder länger werdenden Tag feierten. Das konnte man nicht abschaffen,
das musste man umdeuten.
Nachtrag vom 22.12.2012:
Die christliche Nächstenliebe steigerte sich gegenüber Bert Brandstetter
offenbar so sehr, dass er in den OÖNachrichten vom 22.12. eine Art Widerruf
und Rechtfertigung zum obigen Artikel veröffentlichen musste:
Betrifft
Irritierende Botschaft
In breiten Kreisen hat mein Versuch, das Weihnachtsevangelium von Inhalten zu
"entstauben", die rational schwer fassbar sind, große Irritationen ausgelöst. Es
ist, als hätte ich Menschen dadurch den Glauben genommen, noch dazu als
Präsident der Katholischen Aktion. Das wollte ich nicht und das bedaure ich
auch.
Als Erklärung dient vielleicht die private Geschichte, wie es zu diesem Text
gekommen ist. Für meine ehemals -auch gegen das traditionelle
Weihnachtsevangelium -protestierenden Söhne fabrizierte ich eine "entstaubte"
Version, die den Buben akzeptabel schien. Nicht nur ihnen, sondern auch etlichen
Freunden, die sich diese Version inzwischen besorgt hatten. Für meinen Kommentar
in den OÖN griff ich zu diesem Text in der Hoffnung, auch der Leserschaft könnte
diese Version "light" vielleicht von Nutzen sein.
Ein befreundeter Pfarrer, dem ich den Text zur Sicherheit aber doch zuvor
zeigte, meinte, ich wäre sogar zu wenig weit gegangen, denn historisch seien die
vorliegenden Versionen weder bei Lukas noch bei Matthäus haltbar. Den Menschen
aber kurz vor Weihnachten das rauben, was ihnen offenbar am allerliebsten
ist?
Das wollte ich auch nicht. Da griff ich doch lieber zu meiner wie ich meinte,
verträglicheren Version -und erlitt, wie sich jetzt zeigt, umso mehr damit
Schiffbruch.
Bert Brandstetter, Präsident Katholische Aktion Oberösterreich