Für ein "Abendland in Christenhand" hatte sich die FPÖ bei der
letzten bundesweiten Wahl in Österreich besonders eingesetzt, was der rechtspopulistischen
Partei eher geschadet als genutzt hat:
hier
ein FPÖ-Wahldiagramm, bei der Nationalratswahl 1986 trat erstmals Jörg Haider
als populistischer FPÖ-Führer zur Wahl an, 1999 war die FPÖ zweitstärkste Partei,
als Koalitionspartei der ÖVP unter Wolfgang Schüssel bildete man die mit weitem
Abstand g'schissenste Regierung, die Österreich seit 1945 hatte und die FPÖ
fuhr stimmenmäßig wieder nach unten. Nach der Spaltung (BZÖ) und die Rückkehr
in die Opposition mit dem neuen FPÖ-Führer HC Strache, ging's wieder etwas hinauf,
aber als "Christenhand"-Partei wieder nach unten, das intensive christliche
Eiferertum schreckte Protestwähler ab.
Nun haben Strache und seine
Partei eine gute Gelegenheit, sich wieder etwas zu entchristlichen. In Wien
hatte eine Gruppe von abgelehnten Asylwerbern zusammen mit einigen weltfremden
Aktivisten von der Weltrettungsfraktion kurz vor Weihnachten 2012 eine katholische
Kirche besetzt und dort ein völlig irreales Forderungsprogramm präsentiert,
u.a. wurde darin das Bleiberecht für alle abgewiesenen Asylwerber verlangt und
die Abschaffung derer polizeilichen Registrierung. Dass das Asylrecht mit einem
Recht auf ungeregelte Einwanderung verwechselt wird, ist schlichtweg eine Dummheit,
weil das ist für Europa nirgendwo durchführbar, weil aus allen Weltgegenden
würden abermillionen Menschen der Überzeugung sein, hier problemlos ins Land
wo Milch und Honig fließt gelangen zu können.
Man kann natürlich auch
utopische Forderungen stellen, die unerfüllbar sind, das ist nicht verboten.
Dass man damit allerdings gerade die politische Rechte unterstützt, die man
eigentlich bekämpfen will, soweit reichen die Hirnwellen der selbstgefälligen
Weltenretter natürlich nicht. Weil deren sinnlose Forderungen treiben Strache
& der FPÖ Wähler zu, die diese durch eigene Parteiprobleme und des öfteren
durch untaktisches Verhalten (siehe oben, Abendland in Christenhand) zurzeit
eigentlich eher verscheuchen als gewinnen.
Und darum nutzte die FPÖ
natürlich diese Steilvorlage und startete eine populistische Inseratenkampagne:
"Asylbetrug ist Unrecht - Schubhaft, zwangsernähren und abschieben! Wir
lassen uns nicht erpressen".
Von
"Asylbetrug" zu sprechen ist natürlich typischer FPÖ-Jargon, andererseits
ist Österreich ein Rechtsstaat, wenn in einem Asylverfahren höchstgerichtlich
entschieden ist, dass es kein Asyl gibt, dann ist das gültiges Recht, das nicht
mittels Kirchenbesetzung und Hungerstreik abgeändert werden kann.
Die
katholische Kirche war von diesem Inserat nicht angetan, "wer den Asylwerbern
in diesen Tagen in der Votivkirche beisteht und sie mit dem Lebensnotwendigsten
versorgt, ist sicher kein Täter", ließ Diözesan-Pressesprecher Michael
Prüller wissen.
Die FPÖ war vorher vorerst noch brav katholisch gebleiben,
man meinte dort, die Kirchenbesetzer würden Gesetzesbrüche von Nötigung bis
hin zu Herabwürdigung religiöser Lehren begehen, nun wurde man allerdings weniger
religiös und Strache attackierte Schönborn und die katholische Kirche:
"Herr Kardinal, die Gläubigen aus ihrer Kirche auszusperren, um muslimischen
Besetzern zu ermöglichen, ungestört in ihre sakrale Stätte urinieren zu können,
das ist eine Sache, die sie mit uns, ihrer Gemeinde, ausmachen müssen. Wenn
sie aber Kriminelle schützen, dann ist das ein Angriff auf die Grundsäulen unseres
westlich-demokratischen Staates."
Auch den rechtlichen Sachverhalt
versuchte Strache dem Schönborn zu erläutern: "Die Illegalen,
deren Asylansuchen mangels Verfolgung in der Heimat durch die Bank bereits rechtskräftig
negativ beschieden wurden, verstoßen gegen folgende Paragraphen des Strafgesetzbuches:
§108 Täuschung, §126 schwere Sachbeschädigung, §146 Betrug, §147 schwerer Betrug,
§188 Herabwürdigung religiöser Lehren und §189 Störung einer Religionsübung,
zudem gegen das Asylgesetz §15 Mitwirkungspflichten von Asylwerbern im Verfahren
und gegen das Versammlungsgesetz §2 Anmeldung einer Versammlung. Die Unterstützer
verstoßen gegen §281 StGB Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze und §282
StGB Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen und Gutheißung mit Strafe
bedrohter Handlungen. Es ist höchst problematisch, dass sich ein so hoher Vertreter
der katholischen Kirche, die in Österreich für sich sowohl zahlreiche Privilegien
beansprucht als auch mit Steuergeld unterstützt wird, gegen den Staat und
seine Gesetze stellt".
Strache kennt also auch das Volksbegehren
gegen Kirchenprivilegien, auf der Homepage der Wiener FPÖ heißt es abschließend,
Strache erinnert Schönborn auch daran, dass in Österreich eine strikte Trennung
von Politik und Kirche herrscht. "Schönborn überschreitet Grenzen und das
steht ihm nicht gut an."
Wenn die FPÖ jetzt wieder einmal einen
ideologischen Schwenk macht und das Christengebimmel aufgibt, dürfte dies für
die Rechtspopulisten günstige Auswirkungen haben. Weil die Votivkirchenbesetzung
ist selbst bei regelmäßigen Sonntagsmessbesuchern ziemlich schlecht angekommen,
gar nicht zu reden von der breiten Masse der Menschen, die selber ständig unter
der Verschlechterung ihrer eigenen Arbeits- und Lebensbedingungen leiden müssen,
aber ebenso ständig zu unerwünschten Hilfsleistungen aufgefordert werden. Die
Votivkirchenaktion dürfte daher der FPÖ politisch nützen, weil ein unpopuläres
Thema damit auf ein "dafür" und "dagegen" zugespitzt wurde,
wer dagegen ist, wählt FPÖ, so einfach wird sich das möglicherweise realisieren.
PS: Österreich liegt aktuell unter 29 europäischen Staaten bei den Leistungen im Asylwesen an der achten Stelle, Deutschland hatte z.B. 2011 nur 9.675 positive Erledigungen, Österreich mit nur einem Zehntel der Einwohner 4.085, es besteht also nicht viel Grund, der Republik Österreich Versäumnisse vorzuwerfen.