Siehe zu den hier folgend behandelten Thema auch die Info Nr.
1285 vom 5.2.2013 - "Nachrichten aus dem Iran".
KÖLN/BERLIN.
(hpd) Vor einiger Zeit stellte das derzeit meistgelesene
und zitierte Nachrichtenportal im Iran, Baztab, fest, dass sich die Jugend des
Landes "wie ein Tsunami" vom Islam abwendet. Das Portal wird vom ehemaligen
Kommandeur der Revolutionsgarden Mohsen Rezai betrieben. Es ist also, obwohl
dort auch kritische Stimmen zu Wort kommen, staatsnah.
Auf der deutschsprachigen Webseite Quantara heisst es: "Wie ein Tsunami habe der Atheismus,
der Aberglauben und die Sektengläubigkeit Irans Jugend erfasst und mitgerissen.
Der Grund für dieses 'beschämende Phänomen' sei der Missbrauch der Religion
durch die Regierung..." Was sich auf den ersten Blick wie eine Kritik am
amtierenden Präsidenten Amadinejad anhört, ist auf den zweiten auch eine
versteckte Drohung an die Leser. Wer sich - wie viele Kommentare zu dem Artikel
- als "Abtrünniger" erweise, wird bestraft. Im Iran ist "Apostasie" - also der "Abfall vom Glauben" -
weiterhin mit lebenslänglichen Haftstrafen und zum Teil auch mit der Todesstrafe
bedroht.
Dieses Urteil wurde nach Information von Mina Ahadi gegen den säkularen
Blogger "Siamak Mehr" verhängt. In seinem Blog
hat sich Mohammad-Reza Purshajari - so sein bürgerlicher Name - kritisch
gegenüber dem Islam geäußert. So schrieb er am 12. August 2011: "30 Jahre
Lebenserfahrung unter dem islamischen Staat, eines Staates der von den
schiitischen Klerikern absolutistisch und nach Mafia Methoden beherrscht wird,
zeigt mir, dass Islam Korruption, Kriminalität und Verbrechen bedeutet. Der
Islam ist die satanische Lehre der Feindseelichkeit und Zerstörung."
Ein anderer Blog berichtet, dass Siamak Mehr mit Hand- und
Fussfesseln gebunden abgeführt worden ist. Es gibt Solidaritätsbekundungen mit
dem Inhaftierten und auch eine Petition, die seine Freilassung fordert.
Siamak Mehr wurde gefoltert. Sein Gesundheitszustand soll auch deshalb sehr
schlecht sein: er kann kaum stehen oder laufen. Zudem leidet er an einem
Herzproblem. Die Ärzte des Gefängnises empfehlen eine Behandlung in einem
Krankenhaus. Dies wird allerdings bisher von der Gefängisleitung abgelehnt.
Seiner Tochter "Mitra Purshajari" ist vor Kurzem die Flucht aus dem Iran
gelungen. Aus Angst vor Verhaftung, Folter oder eventueller Hinrichtung sah sie
keinen anderen Weg. Jetzt bat sie das "Internationale Komitee gegen Hinrichtung" um Hilfe
bei der Rettung des Lebens ihres Vaters.
Es zeigt sich: Auch wenn Facebook-Seiten wie "Iranian Atheists & Agnostics" bereits mehr als
41.000 Fans haben: die Gefahr für Religionskritiker im Iran ist noch immer sehr
hoch.
Der islamische Staat hat vor atheistischen Ideen Angst. So soll - nach
Angaben einer gerade erst aus dem Iran geflüchteten Frau - die Polizei ein
Auto-Parfüm mit dem Namen "Ex" verboten haben. Aus Angst, dass Menschen, die
dieses Parfüm kaufen und benutzen, damit ausdrücken wollen würden, "Ex-Muslime"
zu sein. F.N. hpd-Meldung Nr. 19054
vom 14.2.2013.