(Siehe auch Nachtrag ganz unten)
Dietmar Schoder kündigte am 25.2.2013 an: Ich werde morgen anlässlich
des umstrittenen Symposiums zum Thema Missbrauch tagsüber (8 bis 15 Uhr) vor
dem Haus der Industrie eine spontane Vernissage veranstalten. Die Bilder, die
ich dabei vor Ort (Wien, Schwarzenbergplatz 4) produzieren werde, stellen
die zerstörten Lebensjahre der Betroffenen dar. Man kann die Bilder auch erwerben,
der Reinerlös kommt den Opfern zugute.
Zum heutigen Tag möchte ich folgendes angeben: Heute hat im Haus der Industrie
ein Symposium stattgefunden. Das Thema war Missbrauch.
Ich wollte den
Präsidenten der Industriellenvereinigung in diesem Zusammenhang zu einer Kunstaktion
bewegen. Gestern um Mitternacht habe ich dann von ihm ein Mail bekommen, dass
er in Brüssel sei und daher meiner Aktion leider nicht beiwohnen könne. Er wolle
danach aber auf jeden Fall eines meiner Bilder kaufen.
Heute habe ich den
ganzen Tag damit zugebracht, vor dem Haus der Industrie Bilder zu malen, Lackspray
auf Karton. Ich habe dabei immer wieder mit Betroffenen gesprochen, die das
Symposium besucht haben, und ich habe jeden gefragt, wie viele Lebensjahre ihm
durch Missbrauch zerstört wurden. Für jeden habe ich ein Bild angefertigt und
seine Zahl an zerstörten Jahren draufgesprayt. Die Bilder klebte ich mit Klebeband
an die Hauswand des Hauses der Industrie. Mein Ziel war, dass die Bilder verkauft
werden und der Reinerlös den Betroffenen zugutekommt.
Am Schluss des Tages
waren es 28 Personen und in Summe 939 zerstörte Jahre.
Als ich jetzt am Abend
die Bilder abnehmen wollte, brachte ich es nicht übers Herz, die 939 Jahre spurlos
zu entfernen, während sich die Folgen des Missbrauchs nicht von den Seelen so
vieler Menschen entfernen lassen. Daher habe ich in meiner künstlerischen Intuition
die Zahl 939 dauerhaft an das Gebäude sprayen müssen.
Frage: Haben Sie
Alkohol getrunken oder nehmen Sie Medikamente?
Antwort: Beides nein.
Frage:
War Ihnen nicht bewusst, dass am Haus dadurch ein Schaden entsteht?
Antwort:
Das war keine bewusste Handlung, das war im künstlerischen Schaffensrausch.
Frage:
Wollen Sie noch etwas hinzufügen?
Antwort: Die ganze Aktion war sehr spontan,
und ich hatte schon den ganzen Tag über meine Gedanken ausgeschaltet. Kunst
heißt für mich nicht zu denken, sondern nur zu fühlen.
(Hier einige
der gesprayten Kartons der Aktion:)
Während
ich sofort danach Selbstanzeige bei der Polizei erstattete, wurde die Zahl 939
vom Portier zugeklebt.
Nachtrag: Dietmar Schoder erhielt am
28.2.2013 von Georg Kapsch, dem Präsidenten der Industriellenvereinigung, folgende
Mail:
Sehr geehrter Herr Schoder, mir tut wirklich Leid, dass 939
überklebt und abgewaschen wurde, aber der Portier hat ja die Bedeutung nicht
erkannt. Sie können sicher sein, dass Ihre Selbstanzeige keine Konsequenzen
haben wird. Sollte etwas passieren, lassen Sie es mich bitte wissen. Mit besten
Grüßen - Georg Kapsch