"Gotteslästerung" grundrechtsgesichert

Wie die TAZ am 6.5.2013 berichtete, ist auf einer Juristentagung in München am 4.und 5.5. das Thema "Blasphemie" diskutiert worden. Man sei dort zum Schluss gekommen, eine Verschärfung des Blasphemieverbots verstoße gegen das Grundgesetz.

Aus Kreisen der christlichen Parteien und der christlichen Kirchen gab es ja in den letzten Jahren immer wieder Forderungen, "Gotteslästerungen" und Beleidigungen religiöser Ansichten stärker unter Strafe zu stellen. Wobei gerne darauf Bezug genommen wurde, dass die Islamisten auf solche Beleidigungen mit großer Vehemenz reagierten, während sich die Christen alles gefallen lassen müssten.

2010 war ein Verfahren gegen die Satire-Zeitschrift "Titanic" eingestellt worden, weil mit dem Titelbild (es zeigte einen Kleriker vor einem Kruzifix in einer Position als übe er am Jesus Oralverkehr aus) der öffentliche Friede nicht gestört worden sei, denn dieser wäre durch die klerikalen Kinderschändung bereits gestört gewesen und die Karikatur habe daher ihre Berechtigung. 2012 wurde ein Verfahren eingestellt, weil die Bezeichnung "Kinderficker-Sekte" für die katholische Kirche wegen der zahlreichen Fälle von Missbrauchshandlungen von katholischen Geistlichen nicht geeignet sei, den öffentlichen Frieden zu stören. Der Film "Paradies: Glaube" des österreichischen Filmemachers Ulrich Seidl erweckte wegen einer Masturbationsszene mit einem Kruzifix Straf- und Zensurforderungen Strengkatholischer, die der Meinung sind, ihr Glaube habe von allen Menschen geheiligt zu werden. Ein italienischer Anwalt äußerte sich damals gegenüber der APA, es ginge nicht so sehr um die Strafe als um eine Verurteilung: "Im Gegensatz zu den Muslimen reagieren wir Katholiken nie, wenn unsere Religion beleidigt wird, doch diesmal ist die Grenze der Toleranz überschritten worden. Italien und Österreich sind Länder mit katholischer Tradition, die verteidigt werden muss".

Dass keine Strafen und Verboten erfolgten, wollten diverse Kleriker und ihre politischen Parteigänger nicht gelten lassen, sie versuchten darauf zu beharren, durch solche Äußerungen würden alle Religiösen beleidigt und daher müsse "Gotteslästerung" verschärft unter Strafe zu stellen sein.

Kardinal Meisner beklagte sich
, dass meistens Christen das Ziel von Satire und Blasphemie seien, "mit den Muslimen geht man viel vorsichtiger um, weil man befürchtet, dass es Ärger gibt." Der Erzbischof Schick forderte direkt die Strafbarkeit von Blasphemie. "Wer die Seele der Gläubigen mit Spott und Hohn verletzt, der muss in die Schranken gewiesen und gegebenenfalls auch bestraft werden", gegen "heilige Personen, heilige Schriften, Gottesdienste und Gebete sowie heilige Gegenstände und Geräte aller Religionen" dürfe kein Spott und Hohn zugelassen werden. Die CSU folgte diesen Rufen und verlangte das Strafrecht zum Schutz religiöser Gefühle verschärfen, was jedoch von Bundeskanzlerin Merkel postwendend abgelehnt wurde. Am 6.5. meldete der Kurier, Bangladesch - 22 Tote bei Islamisten-Demo - Radikale Hefajat-Anhänger fordern ein Blasphemiegesetz und strengere Geschlechtertrennung.

Forderungen nach Zensur und bedingungsloser Heiligung von religiösen Lehren, Ansichten, Meinungen und Gefühlen, sind Forderungen nach Abschaffung der Menschenrechte. Wenn Papst Franz kurz nach Dienstantritt alle Menschen, die nicht seinen Jesus anbeten, als "Teufelsanbeter" beschimpft, dann kann man deswegen den Herrn Franz durch den Kakao ziehen, ihn aber in Österreich sicherlich nicht wegen Herabwürdigung atheistischer (oder buddhistischer oder hinduistischer) Ansichten anzeigen, weil der §188 als einzige Gruppe von Weltanschauungen nur Religionen schützt. In Deutschland ginge eine solche Anzeige, weil dort im § 166 Beschimpfungen von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften UND Weltanschauungsvereinigungen unter Strafe gestellt werden, wenn durch diese Beschimpfungen der öffentliche Friede gestört würde. Aber der öffentliche Friede wird nicht dadurch gestört, wenn sich einige Kleriker aufregen oder Strengkatholische böse Leserbriefe schreiben.

Aber zurück zur TAZ:
Der konservative Staatsrechtler Josef Isensee: "Im Meinungskampf gibt es keinen Schutz der Religion", es gehöre zu den "unvermeidlichen Zumutungen einer pluralistischen Gesellschaft, die Freiheit der anderen auszuhalten".
Verfassungsrichter Johannes Masing verwies auf die Karlsruher Rechtsprechung, wonach selbst eine "Vergiftung des geistigen Klimas" nicht das Verbot von Meinungsäußerungen rechtfertigte. Die Religionsfreiheit schütze die Freiheit der Religionsausübung. Daraus ergebe sich aber kein Anspruch, vor Kritik bewahrt zu werden.

In Österreich wären solche öffentlichen Meinungsäußerungen wohl eher überraschend. Weil hier sind Religiositäten immer noch was vermeintlich Heiliges.

Was aber vor allem im Auge behalten werden muss, sind die anhaltenden islamistischen Forderungen, Islamkritik als "rassistische Hetze" unter Strafe zu stellen, was seit Jahren vor allem von der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) speziell bei der UNO versucht wird, die "Herabwürdigung von Religionen" sei eine Manifestation des Rassismus, die sich besonders gegen Islam und Muslime richte. Dass der Islam eine Rasse sei, ist zwar ein These, die sich sicherlich nicht belegen lässt. Aber die Gleichsetzung von Islamkritik mit Rassismus versucht dort anzuknüpfen, wo die islamistischen Zensoren eine westliche Schwachstelle vermuten. Rassismus wird mit Recht als menschenfeindliche Gesinnung abgelehnt, wenn es nun gelänge dem Islam politisch einen Rassenstatus zu geben, dann müsste nicht nur in den Islamstaaten, sondern auch im Westen Islamkritik verboten werden. Idioten, die das auch so sehen, gibt es im Westen leider nicht wenige. Und diese Narren müssen wir ganz besonders im Auge behalten.

Religionfreiheit schützt die Freiheit der Religionsausübung und die Freiheit von Religion, Religionsfreiheit kann aber nicht zum Anspruch auf Schutz vor Kritik (inklusive vor Spott und Hohn) führen.