Grüne auf Abwegen

Ergänzt am 27.5.2013, siehe ganz unten.

Die österreichischen Grünen sind wild entschlossen, Regierungspartei zu werden, egal wo, egal wie und egal mit wem. Zwar sind die Grünen in ihrer Struktur die säkularste Partei, ihr früherer Vorsitzender Van der Bellen war z.B. bei den Nationalratswahlen 2008 damit aufgefallen, dass er sich als einziger Parteichef als "Agnostiker" deklarierte, während die anderen entweder als tatsächliche Katholiken auftraten oder das Katholischsein wenigstens heuchelten. Die aktuelle Grün-Chefin Glawischnig hingegen hat bei dem im April aufliegenden Antikirchenprivilegien-Volksbegehren nach Zuruf eines Tiroler Katecheten sofort ihre Parteifreunde, die sich positiv dazu geäußert hatten, zurückgepfiffen. Das Volksbegehren ist zwar nicht deswegen so erbärmlich gescheitert, das lag schon an der recht ungeschickten Agitation der Volksbegehrer.

Aber die Grüne gehen diesen Weg weiter. In Oberösterreich ist man ja schon länger der Schwanz, mit dem die ÖVP wedelt, nun will man diese Position auch anderswo erringen, also Verantwortung für das Christlich-Unsoziale, das die ÖVP den Menschen bringt, mit übernehmen. Tirol ist schon fix, in Salzburg verhandelt man noch. Dort sind die Grünen anscheinend bereit, auch den Stronach und seine Partei aus entlaufenen FPÖ- und BZÖlern in die Arme zu schließen.

Passend dazu eine Presseaussendung der Stronachpartei
vom 20.5.2013, deren Inhalt erst am 24.5. via ORF an die Öffentlichkeit gelangte, hier die wesentlichen Punkte der Stronachmeinung über die Gewerkschaften (OTS0005 2013-05-20):
"Einfluss und Macht der Gewerkschaften sind in Österreich viel zu groß geworden. Die Folge: Ihre sture Blockadepolitik bremst das Land", kritisiert Team Stronach Klubobmann Robert Lugar. "Das beinharte Aussitzen von Verhandlungen - ohne einen Millimeter nachzugeben - ist nicht mehr zeitgemäß und schadet letztendlich nur den Menschen. Dies zeigen die Verhandlungen zum Lehrerdienstrecht und der Streit um die Ladenöffnungszeiten ganz deutlich", so Lugar. Es sei unbestritten, dass Gewerkschaften in ihren Anfängen die Arbeiter gegen Ausbeutung geschützt haben. "Jetzt haben wir aber 2013! Ausbeutung wird durch Gesetze verhindert, wenn in Einzelfällen dagegen verstoßen wird, kann die Gewerkschaft ja helfen", erklärt Lugar. Dies rechtfertige aber nicht, dass die Gewerkschaften "als geheime Macht im Staate" den Weg der Politik bestimmen "und ständig als Reformverhinderer auftreten."
Robert Lugar vom Team Stronach legte am 24. Mai im ORF-Morgenjournal noch nach und forderte, es nicht zuzulassen, dass Gewerkschafter im Parlament säßen.

Dass die schwarzen Gewerkschafter bei den Lehrern diverse Reformen verhindern wollen, ist ein interessantes Phänomen. Sonst haben nämlich die Gewerkschaften fast nirgendwo etwas verhindert, was die Wirtschaft unbedingt haben wollte. Bei der Sonntagsöffnung waren die Wirtschaftsvertreter mehrheitlich ja selber dagegen.

Aber ansonsten muss man zur Gewerkschaft in Östererich leider sagen: Seit zwanzig Jahren gibt es in Österreich keine Erhöhungen der Nettoreallöhne, alles was an zusätzlichen Erträgen erarbeitet wurde, floss ausschließlich in die Hände der Produktionsmittelbesitzer und ihrer Manager. Die Gewerkschaften haben ja nicht einmal versucht, diesbezüglich irgendwas Nennenswertes im Interesse ihrer Mitglieder durchzusetzen.

Die österreichische Sozialpartnerschaft zwischen Wirtschaft und Gewerkschaft funktioniert wie eine patriachale Ehe vor 100 Jahren: Der wirtschaftliche Ehemann sagt was Sache ist und die gewerkschaftliche Ehefrau fragt schüchtern mit gesenkten Augen, ob sie eine neue Kleiderschürze haben darf. Auf die Idee, die betrieblichen Pflichten zu verweigern, wenn die steigenden Ertragsanteile nur in die Brieftasche des Herrn der Partnerschaft fließen, kommt man einmal alle zehn Jahre und dann auch nur für eine Nacht.

Dem Stronach ist das noch zuwenig, er will in seinen Betrieben keine Gewerkschaften und Betriebsräte haben und spielt den lieben Firmenvater, zu dem jeder "du" sagen darf und der auch manchmal gnädig zu seinen Leuten sein kann.

Den Grünen ist das anscheinend alles wurscht, Hauptsache, sie können sich mit der ÖVP ins Bett legen und sie nehmen dazu auch noch den Gewerkschaftsfeind und Multimilliardär Stronach samt seiner skurrilen Partei in Kauf, ist ja wurscht, Hauptsache "Regierungsverantwortung"! Strache und seine FPÖ werden sich freuen, sie bekommen auf diese Art für die Nationalratswahlen im Herbst eine Art Monopol auf die Opposition.

Die Regelung bei den Grünen lautet aktuell: im Bund nicht mit Stronach, in den Ländern ist es möglich. Dagegen bricht in der grünen Szene entsprechender Widerstand auf, der sollte sich allerdings nicht nur gegen Stronach richten, sondern genauso gegen die Anbiederei an die ÖVP. Weil sonst ist die Lage so, dass ein Grünwähler letztlich unfreiwillig zum ÖVP-Wähler würde und seine Stimme vorsichtshalber lieber anderweitig verwenden sollte!

Ergänzung vom 27.5.: In der ORF-Pressestunde vom 26.5. sagte SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann: "Ich würde gerne auf die Unterstützung von Frank Stronach verzichten", aber eine Dreierkoalition mit der Stronach-Partei schloss er trotzdem nicht aus. SPÖ ist die Abkürzung für "Sozialdemokratische Partei Österreichs". Diese Partei wurde als Interessensgemeinschaft der arbeitenden Menschen, also auch speziell der Gewerkschafter gegründet. Aktuell sind weder von der Gewerkschaft, noch von der SPÖ diesbezüglich substanzielle Aktivitäten wahrnehmbar. Aber der SPÖ-Vorsitzende schließt nicht einmal aus, mit einer Partei zu koalieren, die die Schrumpfgewerkschaften noch kleiner haben will. Faymanns Austausch wäre schon längst angebracht.