Die Grünen hatten im September 2012 einen wohlfundierten Entschließungsantrag vorgelegt, der die geplante Errichtung des sogenannten "König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog" kritisierte und ablehnte. Hier der Ausschussbericht:
Die Abgeordneten Mag.a Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen, haben den
gegenständlichen Entschließungsantrag am 19. September 2012 im Nationalrat eingebracht
und wie folgt begründet:
"Ende November soll in Wien das "König-Abdullah-Zentrum
für interreligiösen und interkulturellen Dialog" eröffnet werden. Vielerorts
herrscht Unverständnis darüber, dass ein Land, das Menschenrechte und Religionsfreiheit
grob verletzt, plötzlich im Ausland als Stifter des interreligiösen und interkulturellen
Dialogs auftreten wird.
Angesichts des eklatanten Mangels an Religionsfreiheit
in Saudi-Arabien wäre die Gründung eines "König-Abdullah-Dialogzentrums"
für viele Betroffene ein Hohn: Die Unterdrückung Andersdenkender und Andersgläubiger
(Nicht-Wahhabiten) ist in Saudi Arabien gängige Praxis. Alle Saudis sind per
Gesetz verpflichtet, Muslime zu sein. Die Ausübung anderer Religionen ist
deshalb verboten, aber auch schiitische Praktiken sind teilweise nicht erlaubt.
Juden dürfen nicht nach Saudi-Arabien einreisen. Im Frühjahr 2011 erließ König
Abdullah ein Dekret, das Kritik am Großmufti und an anderen religiösen Gelehrten
sowie Regierungsbeamten unter Strafe stellt. Amnesty International 2011 dazu:
"Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Saudi-Arabiens sind Sunniten,
der Wahhabismus ist die offizielle Staatsreligion. Das öffentliche Praktizieren
anderer Glaubensrichtungen wird in Saudi-Arabien nicht toleriert. Selbst wenn
sie ihren Glauben in privatem Rahmen praktizieren, droht Andersgläubigen Strafverfolgung."
Das
Ziel der "Achtung für die Erhaltung des sakralen Charakters heiliger Stätten
sowie religiöser Symbole", wie es in dem Oktober 2011 vom saudischen Außenminister
mitunterzeichneten Gründungsvertrag des Dialogzentrums heißt, gilt anscheinend
nur außerhalb von Saudi Arabien: Im März 2012 verkündete der saudische Großmufti
Abdul Asis bin Abdullah el Scheich, dass alle Kirchen auf der arabischen Halbinsel
zu zerstören seien und dass es nicht erlaubt sei, neue Kirchen zu bauen.
Auch die Aufforderung zum interkulturellen Dialog mutet ob der schrecklichen
Menschenrechtslage in Saudi Arabien bizarr an. Frauen werden dort durch Gesetz
zu Bürgerinnen zweiter Klasse degradiert, ArbeitsmigrantInnen vor systematischer
Ausbeutung und Misshandlungen durch ihre Arbeitgeber nicht geschützt, Meinungs-
und Pressefreiheit werden stark eingeschränkt. Die Anzahl der Hinrichtungen
ist stark angestiegen.
Österreich bietet mit dem "König Abdullah
Dialogzentrum" einem Land, das für Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang
mit der Verfolgung Andersgläubiger bekannt ist, eine Plattform mitten in Österreich.
Die Benennung des Zentrums nach dem König wird zudem als internationales Feigenblatt
für die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen dort dienen. Die Symbolwirkung
für MuslimInnen in Österreich und Europa, das Oberhaupt eines wahhabitischen
Staates als Namensgeber des "Dialogzentrums" einzusetzen, dürfte aufklärerischen
Tendenzen unter den MuslimInnen in Europa entgegenwirken. Verstärkt wurde dieser
Eindruck eines stark saudisch dominierten "Dialogzentrums" noch durch
die Ernennung des saudischen Regierungsmitglieds Faisal Abdel Rahman bin Muaammar
zum interimistischen Generalsekretär des Zentrums."
Der Außenpolitische
Ausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag erstmals in seiner Sitzung
am 10. Oktober 2012 in Verhandlung genommen, die in der Folge vertagt wurde.
In seiner Sitzung am 05. Juni 2013 hat der Außenpolitische Ausschuss die Verhandlungen
wieder aufgenommen.
An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr.
Johannes Hübner, Franz Glaser, Mag.a Alev Korun, Herbert Scheibner, Mag.a Heidemarie
Unterreiner sowie der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
Dr. Michael Spindelegger und der Ausschussobmann Abgeordneter Dr. Josef Cap.
Bei
der Abstimmung fand der Entschließungsantrag 2075/A(E) der Abgeordneten Mag.a
Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend König Abdullah "Dialogzentrum"
in Österreich nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: F,
G, dagegen: S, V, B). Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische
Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis
nehmen.
Wien, 2013 06 05 - Mag. Alev Korun - Berichterstatterin, Dr.
Josef Cap - Obmann
Soweit das Dokument aus dem Parlament. Was wird als nächstes in Wien eingerichtet
werden? Ein nordkoreanisches Dialogzentrum für Demokratie?
In außenpolitischen
Ausschuss sitzen folgende Personen:
SPÖ (8): Petra Bayr, Dr. Josef Cap, Renate
Csörgits, Anton Heinzl, Christine Muttonen, Mag. Barbara Prammer, Mag.
Hannes Weninger, Mag. Gisela Wurm,
ÖVP (8): Werner Amon, Martin Bartenstein,
Dr. Katharina Cortolezis-Schlager, Mag. Franz Glaser, Wolfgang Großruck, Mag.
Karin Hakl, Karlheinz Kopf, Fritz Neugebauer,
FPÖ (5): Peter Fichtenbauer,
Dr. Johannes Hübner, Dr. Andreas Karlsböck, Dr. Werner Neubauer, Harald Vilimsky,
GRÜNE
(3): Mag. Alev Korun, Dr. Peter Pilz, Mag. Judith Schwentner,
BZÖ (1): Scheibner
Herbert.
Ob sich Ausschussmitglieder durch Ersatzmitglieder vertreten ließen,
war den Unterlagen nicht zu entnehmen. Jedenfalls stimmten die 17 Abgeordneten
von SPÖ, ÖVP und BZÖ für die Einrichtung des saudischen Regimes, die acht Abgeordneten
von FPÖ und den Grünen stimmten für den Entschließungsantrag. Auf der gleichen
Sitzung wurde dem Vertragsabschluss mit dem gleichen Abstimmungsverhalten zugestimmt.
SPÖ,
ÖVP und BZÖ verhielten sich somit solidarisch mit dem klerikalfaschistischen
saudischen Regime und hatten keine Bedenken, die Republik Österreich durch die
Einrichtung "König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen
Dialog" in Wien zum Komplizen einer zutiefst menschenrechtsfeindlichen
Diktatur zu machen.