Anspruchslose Gottesrede

Focus-Meldung vom 15.9.2013:

Kardinal Marx wird 60 und warnt vor banalen Predigten
Der Münchner Erzbischof und Kardinal Reinhard Marx hat davor gewarnt, zu selbstverständlich über Gott zu predigen.
Die Frage vieler Menschen, ob es Gott überhaupt gibt, müsse in der Kirche ernst genommen werden, mahnt Marx in seinem neuen Buch "glaube!", das wenige Tage vor seinem 60. Geburtstag am kommenden Samstag (21.9.) erschienen ist: "Eine Kirche, die zu banal, zu selbstgewiss und zu sicher von Gott spricht, wird den Menschen von heute langfristig und nachhaltig keine Zugänge eröffnen." Die Krise der Kirche sei möglicherweise auch darauf zurückzuführen, dass die Rede von Gott manchmal zu anspruchslos sei, so der Kardinal: "zu selbstsicher, zu verharmlosend, zu kitschig, zu banal, zu kleinkariert, zu sentimental".

Damit hat der Kardinal mit dem unanständigen Namen (zum Glück heißt er wenigstens mit dem Vornamen "Reinhard" und nicht "Karl") sicherlich recht. Weil die Selbstverständlichkeit der Existenz von Göttern hat in den letzten Jahrhunderten beträchtlich abgenommen. Man denke nur an die "Pascalsche Wette" aus dem 17. Jahrhundert, wo der französische Mathematiker Blaise Pascal anregte, vorsichtshalber an Gott zu glauben, weil das nicht viel Aufwand erfordere und wenn Gott existierte, die unendliche Belohnung eines ewigen Lebens im Paradies erbrächte, aber bei Glaubenslosigkeit die ewige Strafe in der Hölle. Wenn Gott nicht existiert, erleide man durch den nutzlosen Glauben nicht viel Schaden.

Danach richteten sich durch die Jahrhunderte sehr viele Menschen, auch wenn sie von der "Pascalsche Wette" direkt nie was gehört hatten. Vorsichtshalber war man für den Fall, dass es den bösen Christengott doch geben könnte, ein bisschen gläubig. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die verkündete Christenlehre ziemlich geändert, die ewige Verdammung wird kaum noch verkündet und dafür der liebe Jesus, der sich eh um alle sorgt. Um diesen banalen Gott kümmern sich die Leute zunehmend weniger, sollte es ihn geben, dann wird er uns schon nicht fressen, das ist heute eine verbreitete Einstellung, der religiös nicht oder nur mäßig Interessierten.

Eine Rückkehr zur Gottesfurcht wird allerdings nicht einmal der katholischen Kirche wirklich gelingen und eine Kirche, die von ihrem Gott zu Menschen redet, die religiös desinteressiert sind, weil sie als Kleinkinder religiös nicht abgerichtet wurden, wird mit ihrem Gerede kaum noch Eindruck machen, egal ob sie selbstsicher, verharmlosend, kitschig, banal, kleinkariert, sentimental oder unsicher, zweiflerisch, kaltherzig, feierlich, großkariert, abgebrüht redet. Wenn heutige Menschen irgendwas Überkandideltes brauchen, dann was Fernöstliches oder sonst wie esoterisch Extravagantes, der Jesus, der Wasser in Wein verwandelt und Dämonen in Schweine fahren lässt, ist einfach zu einer altgewohnten läppischen Figur geworden, die höchstens in Ausnahmefällen als Ansprechgestalt genommen wird. Ohne die Tradition der Babytaufe hätte das katholische Christentum in unseren Breiten nur noch Aussichten auf den geschäftlichen Konkurs und sonst nichts mehr, egal wie die katholische Christenlehre verkündet wird.