Am 1. Oktober 2013 verabschiedete der Europarat einen Beschluss, der sich
gegen religiöse rituelle Beschneidungen wendet. Es hieß darin u.a., "die
medizinischen, sanitären und sonstigen Bedingungen klar zu definieren um zu
gewährleisten, dass Praktiken wie die nicht medizinisch begründete Beschneidung
von Jungen ausgeschlossen wird."
Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert,
eine öffentliche Debatte zu initiieren, einschließlich interkultureller
und interreligiöser Dialoge, die darauf abzielen, einen großen Konsens über
die Rechte der Kinder auf Schutz vor Verletzungen ihrer körperlichen Integrität
nach Standards der Menschenrechte zu erlangen und besondere gesetzliche
Maßnahmen festzulegen, um sicherzustellen, dass bestimmte Vorgänge und Praktiken
nicht erfolgen dürfen, bevor ein Kind alt genug ist, um daüber selbst zu bestimmen.
Praktiken,
die durch die Resolution abgedeckt werden, sind weibliche Genitalverstümmelung,
die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen, frühkindliche medizinische
Interventionen bei intersexuellen Kindern, körperliche Züchtigung, und die Nötigung von Kindern zu Piercings, Tätowierungen oder plastischer Chirurgie.
Ein Änderungsantrag, der die "religiösen Rechte der Eltern und Familien"
außer Kraft setzt, wurde mit großer Mehrheit der Mitglieder unterstützt.
Die
Resolution wurde mit 78 Pro-Stimmen, 13 Gegenstimmen und 15 Enthaltungen - also
fast mit 75%-Mehrheit - angenommen. Die Resolution fand allerdings keinen Weg in die Medien, offenbar war man zu feige durch diesen
Europaratsbeschluss die Beschneidungsdebatte von 2012 wieder anzuheizen.
An die Öffentlichkeit gelangte dieser
Beschluss erst dadurch, dass die israelische Regierung dagegen protestierte
und seine Rücknahme verlangte, die "Welt" am 4.10.: "Eine
Entschließung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats zur Beschneidung
von Jungen ist in Israel auf scharfe Kritik gestoßen. Der Europarat müsse diesen
Text 'unverzüglich zurücknehmen', forderte das Außenministerium am Freitag.
Die Beschneidung von Jungen sei eine 'alte Tradition' des Judentums, des Islam
und in Teilen des Christentums. Die Entschließung 'nähre rassistische und hasserfüllte
Tendenzen in Europa'. Das Ministerium wandte sich zugleich gegen 'jeglichen
Vergleich' mit der 'barbarischen Praxis' sexueller Verstümmlungen von Mädchen."
Die
Debatte von 2012 könnte also ihre dringend notwendige Fortsetzung erleben, siehe
dazu auch den Beschluss der skandinavischen Ombudsleute für Kinderrechte vom 30.9.2013
(Info Nr. 1615).