Hilfreich war dazu natürlich die Eingliederung der DDR, weil im realen Sozialismus
war das "Opium des Volkes" keine sehr nachgefragte Pflanzenart gewesen
und auch nach dem Ende der DDR blieb die kirchlicherseits freudig erhoffte Nachfrage
aus. Es gab einfach kein religiöses Interesse. Für Gläubige war und ist das
unverständlich. Sie hatten angenommen aus den Ruinen des atheistischen DDR-Staates
müssten religiöse Blüten emporsteigen, weil jeder Mensch ein religiöses Bedürfnis
zu haben hätte.
Die Sache lag allerdings ganz einfach. Da der
europäische Protestantismus im Widerstand gegen den Katholizismus entstanden
war, der die Menschen mit Leib und Seele unterworfen hatte, gab es in der evangelischen
Kirche diesen feudalen Despotismus nicht. Es fehlte auch die Kontrolle durch
die verpflichtende Ohrenbeichte, viele Jahrhunderte waren die Katholiken verpflichtet
gewesen, einmal im Jahr ihrem Pfarrer die Sünden zu beichten. Da auf Sünden
schwere jenseitige Strafen standen, trauten sich nicht viele, dem göttlichen
Spitzel im Beichtstuhl einfach was vorzulügen. Eine der ersten Handlungen Martin
Luthers war die Abschaffung der Ohrenbeichte.
Bei den Protestanten ist
es die Lehre, dass auf Basis des Glaubens an Christus alle Gläubigen vor Gott
gerechtfertigt seien, weil Jesus am Kreuz für ihre Sünden bezahlt habe. Die
ewige Verdammung spielte daher bei den Protestanten keine tragende Rolle, ein
bisschen Jesus genügte. Das führte evolutionär dazu, dass die Religion nebensächlicher
wurde, die Tradierung eine immer geringere Rolle spielte und dadurch konkret
in der DDR die innerfamiliäre Weitergabe des Christenglaubens in seiner evangelischen
Variante erlosch. Im sozialistischen Staat war ein religiöses Bekenntnis kein
gesellschaftlicher Vorteil mehr und ansonsten auch nichts Wesentliches.
Der
Rückgang des Glaubens ist in der evangelischen Bevölkerung wesentlich höher
als in der katholischen, darum sind dort auch ohne Skandale die Kirchenaustritte
ständig hoch und die Teilnahme am religiösen Leben ist gering. Die innerfamiliäre
Glaubensweitergabe ist praktisch erloschen.
Und damit läuft der religiöse
Karren in Richtung Abgrund. Religion wird in einigen Jahrzehnten auf eine
kleine Minderheit beschränkt sein, auf das Narrenvolk, das heute in diversen
Sekten ihr Dasein fristet. Denn ohne die grundlegende kleinkindliche religiöse
Abrichtung, die Konditionierung
auf Art wie sie Iwan Pawlow mit seinem mit dem Nobelpreis gekrönten Hundeversuch
entdeckte, ist die Grundlage der Religion.
In früheren Menschheitszeiten
bedeute Religion die falsche Erklärung von noch Unerklärbarem, den Ausgleich
der menschlichen Ohnmacht durch mächtige Götter. Das spielt heute keine
Rolle mehr, für den Bereich der fallweise auftretenden eigenen Ohnmacht braucht
man keine Religion, da kann man - wenn man sich anders nimmer helfen kann -
aus einem weiten Feld der Esoterik anderen Unsinn auswählen, ohne dafür lebenslänglich
Kirchensteuer zahlen zu müssen.
In der katholischen Kirche ist man durch
den traditionell größeren Druck auf die Menschen noch einige Entwicklungszeit
hinter den Protestanten zurück, aber die Weitergabe der Religion durch gläubige
Großmütter, die mit Kleinkindern zu beten anfangen, kaum dass diese laufen können,
sind auch dort nur noch eine Randerscheinung, auch die frühkindliche katholische
Konditionierung ist am Aussterben.
Dieser Artikel wurde durch einen
Rundfunkbeitrag
angeregt, am 12.10.2013 war im Deutschlandradio ein Bericht zu hören, dass
die Konfessionsfreien die stärkste wachsende Gruppe seien und sich auf dem Wege
zur absoluten Mehrheit befänden, die relative Mehrheit gegenüber den einzelnen
Kirchen haben sie ja schon länger. Jetzt würden sie auf vierzig Prozent zusteuern.
Festgehalten wurde, dass die Konfessionslosen eine schweigende Gruppe
wären, ihre größte Organisation in der BRD, die Humanistische Union, hätte
maximal 20.000 Mitglieder. Aber trotzdem würden sie sich fallweise medial bemerkbar
machen.
Was mich wieder zu meinem Gleichnis führt: Konfessionsfreie
sind wie Nichtraucher zu sehen. Die Masse der Nichtraucher definiert sich
nur dadurch, nicht zu rauchen, ein Nichtraucherverein wird nicht benötigt. Kleine Teile der Nichtraucher - oft entwöhnte
Raucher - kämpfen zum Teil sogar militant gegen die Raucher und haben viele
Rauchverbote durchgesetzt. Rauchen ist wie Religion nicht angeboren, das gewöhnt
man sich an (wenn auch anders als die Religion).
Ich
bin auch Nichtraucher, aber kein militanter. Aber ich bin ein aggressiver Krawallatheist,
was auch im Impressum dieser Homepage
steht, weil ich als Kind in der Schule zwölf Jahre lang gegen meinen Willen
religiös angeraucht wurde, darum huste ich noch heute und spucke meine endlosen
antireligiösen Wortketten aus. So ist es und es macht mir immer noch Spaß!