Eine umstrittene Klageabweisung im Zivilprozess gegen das Stift Admont
wird zum Fall für das Oberlandesgericht Graz. Der Anwalt des Klägers hat
gegen das Urteil Berufung eingelegt. Die Klage eines ehemaligen Schülers, der
nach eigenen Angaben als Kind im Internat des Stiftsgymnasiums misshandelt und
vergewaltigt worden war, wurde abgewiesen. Haftbar sei -wenn überhaupt -der
Staat und nicht das Stift, hatte der Richter befunden.
Der Anwalt
des Klägers lässt kein gutes Haar am umstrittenen Urteil. Er ortet in seiner
Berufung "wesentliche Mängel", sieht eine "unrichtige Rechtsfindung"
und wirft dem Richter vor, "wesentliche Beweisanträge nicht erledigt"
zu haben. Vor allem die, die der Kläger und sein Anwalt gestellt haben. Die
seien "nicht einmal abgewiesen" worden, heißt es. Die Beweise, die
der Anwalt des Stifts und zweier ebenfalls beklagten Mönche vorlegte, sind laut
Berufung hingegen weitgehend ohne nähere Prüfung vom Richter übernommen worden.
Der Schriftsatz liegt dem hpd vor.
"Gründliche Beurteilung verhindert"
Das
seien, heißt es im Juristendeutsch: "wesentliche Mängel des Verfahrens,
welche die erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache
verhindert haben und ist das angefochtene Urteil daher aufzuheben und die Rechtssache
zur neuerlichen Verhandlung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen."
Kritik
deckt sich mit Analyse des hpd
Penibel listet der Anwalt des Klägers
in der Berufung auf, wo sich nach seiner Auffassung der Richter in Widersprüche
verstrickt hat. Bezeichnenderweise ist die Berufung mehr als doppelt so lang
wie das Urteil. Die wesentlichen Kritikpunkte decken sich mit der Analyse des
Urteils, die der hpd veröffentlicht hat.
Auch
der Beklagtenanwalt kommt zu dem Schluss, dass das Öffentlichkeitsrecht des
Stiftgymnasiums nicht bedeutet, dass das Stift Admont nicht für die (mutmaßlichen)
Verbrecher seiner Lehrer und Erzieher verantwortlich gemacht werden könnte.
Es müsse also keinesfalls der Staat haften, wie sich der Richter in seinem Urteil
verstiegen hatte.
Oberlandesgericht entscheidet
Ob das Urteil
aufgehoben wird, muss das Oberlandesgericht (OLG) Graz entscheiden. Es kann
der Berufung stattgeben und die Klage an das Landesgericht Leoben zurückverweisen,
das das Verfahren neu aufrollen müsste.
Denkbar ist auch, dass das OLG die
Klage gegen das Stift Admont selbst behandelt und ihr stattgibt. In diesem Fall
müsste das Stift 410.000,- Euro Schadenersatz an den Kläger zahlen. Er gibt
an, dass ihn zwei Mönche in seiner Internatszeit in den 60-er Jahren misshandelt
und vergewaltigt hätten.
Sollte das OLG die Berufung abweisen, könnte das
Urteil von Leoben auch den Obersten Gerichtshof beschäftigen.