Anders als in Belgien,
den Niederlanden, Luxemburg und der Schweiz, kennt die österreichische
Rechtsordnung in Sachen Sterbehilfe nur eines: Verbote. Das Vorhaben der
alt-neuen Regierung, ein Verbot der Sterbehilfe nun auch in die Verfassung zu
schreiben, soll jetzt diese Thematik dem politischen Diskurs endgültig
entziehen. Schnell, solange eine parlamentarische Mehrheit für dieses fromme
Vorhaben noch vorhanden ist, versteht sich.
Als Antwort auf dieses
undemokratische Vorhaben einer Regierung, die sich offensichtlich vom derzeit in
Ungarn oder Kroatien gelebten Parlamentarismus inspirieren lässt, startete die
"Initiative Religion ist Privatsache" eine Aktion, die nicht nur die fromme
Verfassungsmanipulation vereiteln, sondern zusätzlich zur Legalisierung des noch
immer verbotenen assistierten Suizids führen soll.
Das am 26. Februar, im Rahmen
einer gut besuchten Pressekonferenz, präsentierte Positionspapier
"Sterbehilfe in Österreich -
mehr Selbstbestimmung ist den Menschen zumutbar und geschuldet" wurde von den
Medien gut wahrgenommen, ebenso das begleitende Gastreferat
Ludwig A. Minellis ("DIGNITAS"-Generalsekretär) zum
Thema "Umfassender Lebensschutz tut Not".
Bereits im Vorfeld
konnte das Positionspapier auf Expertenunterstützung stoßen. "Die kategorische
Ablehnung der aktiven Sterbehilfe, wie sie der österreichischen Rechtsordnung zu
entnehmen ist, ist nicht unproblematisch. Sie stellt eine erhebliche
Einschränkung des persönlichen Selbstbestimmungsrechts dar und muss daher
sachlich gerechtfertigt werden" meint Verfassungsexperte Heinz Mayer.
Insbesondere beim grundsätzlichen Verbot der Suizidhilfe stellt sich für Mayer
die Frage, "welche gesellschaftspolitische Ziele die vorliegende Strafbestimmung
überhaupt verfolgt". Diese sowie weitere Fragen können laut Mayer, nur im Rahmen
einer "sachlichen und ergebnisoffenen Diskussion" beantwortet werden.
"Verfassungsbestimmungen zu beschließen, nur um eine fällige Debatte zu
unterdrücken oder ein ideologisches Ziel einzuzementieren, ist weder zielführend
noch demokratiepolitisch vertretbar", so Mayer.
Laut dem Grazer
Philosophen Gerhard Streminger, der ebenfalls zu den Unterstützern des Dokuments
zählt, "gehört zu einem selbstbestimmten Leben wohl auch ein selbstbestimmtes
Lebensende. Nachdem Menschen nicht freiwillig in diese Welt geboren wurden,
sollte es ihnen zumindest erlaubt sein, sie freiwillig verlassen zu können, wenn
das Leben für sie nur noch zur Qual geworden ist". Vor dem Hintergrund der
Sterbehilfedebatte stellt sich für Streminger insbesondere die Frage, was der
Grund dafür ist, dass "nur wenige Menschen offen bereit sind, ihren Mitmenschen
bei deren Wunsch nach einem würdevollen Sterben behilflich zu sein". Für
Streminger dürften häufig das Beharren auf sogenannten >göttlichen
Prinzipien< sowie der Glaube, dass man nur durch demütig ertragenes Leid
einen Platz im Himmel erlangen könne, dieses Verhalten erklären. "Weder für
göttliche Prinzipien noch für die religiöse Vorstellung vom leidenden Gott,
existiert aber eine überzeugende Begründung. Somit gibt es auch keine
übernatürliche Entschuldigung für diesen Mangel an Mitgefühl, für diese
anti-humanistische Einstellung" so Streminger.