Am
26. 3. 2014 hat der Nationalrat die letzten Verweise auf die Publikumsrat-Direktwahl
aus dem ORF-Gesetz gestrichen. Das größere Problem haben hingegen
sämtliche Volksvertreter ignoriert: die demokratiewidrige Vertretung der
Katholischen Kirche und der Evangelischen Kirche im ORF-Publikumsrat.
Die
derzeit geltende Regelung, die ausschließlich zwei Religionsgemeinschaften
mit dem Privileg eines Sitzes im wichtigen ORF-Gremium ausstattet, stellt nach
Ansicht der "Initiative Religion ist Privatsache" einen klaren Verfassungsbruch
dar. Zum einen sei sachlich nicht begründbar, wieso ausgerechnet die Evangelische
Kirche, als bestenfalls viertgrößte Weltanschauungsgemeinschaft in
Österreich, kraft Gesetz ein Sonderprivileg erhält, obwohl die Zahl
der in Österreich lebenden Konfessionsfreien bzw. Muslime wesentlich höher
ist, diese Gruppierungen aber im Publikumsrat nicht vertreten und daher diskriminiert
bleiben.
Nicht weniger problematisch ist aber auch der Umstand, dass
gesetzlich anerkannte Religionsgemeinschaften, die zum Einhalten einer internen
demokratisches Struktur NICHT verpflichtet werden können, überhaupt
ermächtigt werden, eine bestimmende Rolle in einer öffentlichen Einrichtung
zu spielen.
Laut Initiative-Sprecher Eytan Reif stellt die aktuelle
Notwendigkeit, die Wahl der sechs Publikumsräte, die in den ORF-Stiftungsrat
entsendet werden, gesetzlich zu regeln "eine einmalige Gelegenheit dar,
eine längst fällige Gesetzesreparatur vorzunehmen". Laut
Reif steht die Regierung vor der Wahl, entweder Konfessionsfreie- und Muslimevertreter
zusätzlich in den Publikumsrat aufzunehmen, oder die vorhandenen Ratssitze
der Kirchen abzuschaffen. "Dass die zweite Handlungsvariante die bei
weitem bessere ist, versteht sich von selbst", resümiert Reif,
"da die weltanschauliche Neutralität des ORF â€" und infolge auch seine
Professionalität â€" eher gefördert werden soll".
Nachtrag vom 28.3.: Der Wunsch wurde rasch erfüllt: Kunst, Wissenschaft und Religion werden mittels einer Gesetzesänderung aus dem Publikumsrat hinausgeschmissen, angeblich soll allerdings ein Religionsvertreter einen der sechs Sitze der Regierung erhalten: Bekommen wir nunmehr die Religion als Regierungsposition?