Die angeblich seriöse Umfrage-Firma Gallup hat mal wieder ernsthaft
gefragt, wie hoch die emotionale Bindung von "Mitarbeitern" an ihr
jeweiliges Unternehmen ist. Sind Antworten wie "Ich liebe Herrn Zetsche,
weil er einen so wunderbaren Schnurrbart hat und ich an seinem Fließband
geile Autos herstellen darf" denkbar? Gibt es Irre, die behaupten am Schalter
der Deutschen Bank eine tiefe emotionale Bindung an das Betrügersystem
zu empfinden? Kann die schlecht bezahlte, bespitzelte und ausgequetschte Verkäuferin
von Lidl eine unheimliche, perverse Neigung zu ihrem Laden empfinden? Das zumindest
unterstellt Gallup und kommt trotz der Fragen aus der Anstalt zu solchen Antworten:
"Mit 16 Prozent sind nur wenige aller Arbeitnehmer bereit, sich freiwillig
für die Ziele ihrer Firma einzusetzen. - 67 Prozent der Deutschen machen
nur Dienst nach Vorschrift. - Der Anteil der Arbeitnehmer, die innerlich gekündigt
haben, liegt bei 17 Prozent."
Das Human-Kapital ist einfach nicht
dankbar. Obwohl man in den letzten Jahren viele Überkapazitäten abgebaut,
Arbeitnehmer auf das Feinste outgesourct und freigesetzt hat, scheinen die Verbleibenden
ihr Privileg noch Arbeit zu haben, nicht recht zu würdigen. Die rund
sieben Millionen, die von der staatlichen Fürsorge leben müssen, sind
immer noch nicht Ansporn genug, die Entlassungsproduktivität, jenen kranken
Eifer, der aus Angst entsteht, zu steigern. Denn aus der lustlosen Buchung von
Belegen, dem stoischen Rühren von Beton und dem routinierten Absondern
von flotten Sprüchen sollte eine hingebungsvolle Zuneigung zu jenen entstehen,
die uns großzügig Arbeit geben. Arme Arbeitgeber, zahlen sie doch
immer wieder Gehalt ohne entsprechende Dankbarkeit zu erzeugen.
Als
ähnlich undankbar erweist sich auch der deutsche Wähler. Rackern sich
doch diverse Koalitionen, uneigennützig wie sie sagen, für die Deutschen
ab, doch die Wähler bleiben immer häufiger zu Hause: Rund ein
Drittel geht nicht mehr zu Bundestagswahlen, bei Europawahlen sieht es noch
schlimmer aus und in manchen Städten liegt der Anteil der Wähler nur
noch um die 50 Prozent. Dabei nehmen die Regierenden dem gemeinen Mensch doch
die Last der Entscheidung ab, wie die größte aller Merkels es so
eindringlich formulierte: "Die Leute sollen uns Politiker die Politik machen
lassen, weil wir so viel mehr davon verstehen". Und statt diesen Satz mit
Ehrfurcht zu schlürfen, gehen immer mehr Deutsche in das Exil der inneren
Kündigung und selbst jene, die noch wählen gehen, halten die Politiker
mehrheitlich für arrogant, gierig und unehrlich.
Die passive
Form der Kündigung schlägt in die aktive Kündigung um, wenn es
um das Zeitungsabonnement geht. Seit Jahr und Tag sacken die Auflagen der
Blätter. Nur zu gern wird der tiefe Fall der Leserquote mit dem Internet
erklärt. Gemeint ist: Da bekommt man die selben Informationen wie in den
Zeitungen billiger und bequemer. Dass es auch damit zu tun hat, dass es bei
manchen Themen völlig gleich ist welches Blatt man liest, weil ohnehin
überall das Gleiche zu lesen ist, will den Verlagen nicht in den hohlen
Kopf. Auch dass die Damen und Herren in den Reaktionen gegen die Interessen
ihrer Leser schreiben, will ihnen nicht einleuchten. Tapfer rühren sie
im Ukraine-Krim-Komplex die Kriegstrommeln während nach einer N24-Emnid-Umfrage
82 Prozent der Befragten für direkte Gespräche mit Putin sind, um
die Krise im Dialog zu lösen. Und nur zwei Prozent befürworten eine
militärische Drohung gegen Russland. Wetten dass, wenn es eine Kündigung
der öffentlich-rechtlichen Medien gäbe, jede Menge Leute bereit wären
auf die Rundfunkgebühren zu verzichten?
So ist die "Innere
Kündigung" zu einem Merkmal des deutschen Alltags geworden, das nur
mühsam von der Äußerlichkeit des Frust-Kaufens, der Billig-Unterhaltung
und des Parolen-Nachsprechens überdeckt wird. Doch auch hier weiß
die schlaue Firma Gallup eine Lösung: Reduziert ein Unternehmen den Anteil
seiner Beschäftigten ohne emotionale Bindung und tauscht sie gegen solche
mit hoher Bindung aus, können die Humankosten deutlich reduziert werden.
Na bitte, das Land braucht einfach ein neues Volk.
PS: dieser Artikel
aus Deutschland beschreibt auch die Verhältnisse in Österreich und
wohl ebenso die Verhältnisse in den anderen EU-Staaten: Der Endsieg des
Kapitalismus ließ eben nur die Werte der Konzern- und Finanzwirtschaft
übrig. Aber wenn die Herrschenden so weitermachen, werden sie es irgendwann
erleben, dass die oben nicht mehr können, weil die unten nicht mehr wollen!
Wie schon seinerzeit 1789 - wo es allerdings um die Aristokraten
und noch nicht um die Kapitalisten ging! Ca Ira!