Vor knapp zwei Wochen wurde beim nö Verwaltungsgericht eine
Maßnahmenbeschwerde eingebracht wegen des systematischen Missbrauchs des
Gesamtunterrichts für die Vorbereitung katholischer Schüler auf die
Erstkommunion. Für den amtierenden Landesschulratspräsidenten
Hermann Helm sowie für Landesschulratspräsident und zugleich Landeshauptmann
Erwin Pröll könnte die Affäre nun auch strafrechtliche Folgen
haben. Zahlreiche der "Initiative Religion ist Privatsache" zugespielte
Emails und eine sorgfältige Prüfung des Sachverhalts lassen auf eine
Intervention der Landesschulratsspitze schließen, die unter Missbrauch
der Amtsgewalt erfolgt ist. Konkret geht es um die überraschende Aufhebung
eines lange gültigen und von der Landesschulratsspitze bis dahin mitgetragenen
Verbots der Erstkommunionsvorbereitung außerhalb des Religionsunterrichts.
In der umfangreichen Sachverhaltsdarstellung, die am 16.5.2014 im Namen
der "Initiative Religion ist Privatsache" der Staatsanwaltschaft St.
Pölten vorgelegt wurde, wird detailliert dargestellt, wie willkürlich,
verfassungswidrig und für die Wahrung der Rechtssicherheit schädlich
die Interventionen Helms und Prölls waren. Das 10 Seiten starke Dokument
enthält eine Aufforderung an die Staatsanwaltschaft zu überprüfen,
ob Äußerungen und Handlungen Helms und Prölls den Tatbestand
des Amtsmissbrauchs (§302 StGB) erfüllen. Besonders hervorgehoben
wird im Dokument der Umstand, dass die offensichtlich gesetzlich nicht gedeckte
Vorgehensweise Helms und Prölls die anhaltende Diskriminierung nichtkatholischer
Schüler sowie deren Eltern gefördert und das Einleiten eines Disziplinarverfahrens
gegen Schuldirektorin Doris Jaksch verhindert hat. Wenige Tage vor der Intervention
der Landesschulratsspitze wurde nämlich Direktorin Jaksch von der Bezirksschulinspektion
für die von ihr verantwortete Erstkommunionsvorbereitung während des
Gesamtunterrichts gerügt.
"Es geht nicht an, dass ein amtierender
Präsident des Landesschulrates auf Zuruf des Boulevards eine vollkommen
abenteuerliche Rechtsmeinung vertritt und damit Eltern verunsichert, die eine
von ihm über Monate mitgetragene sehr klare Position erfahren haben. Es
geht auch nicht an, dass ein Präsident des Landesschulrates und zugleich
Landeshauptmann, ohne dazu ermächtigt zu sein, die Trennung von Staat und
Kirche kurzer Hand über die Kronen Zeitung für aufgehoben erklärt
und damit der weltanschaulichen Diskriminierung Schüler Tür und Tor
öffnet" meint Initiative-Sprecher Eytan Reif. Laut Reif haben
die österreichische Verfassung und Entscheidungen des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte "auch in Niederösterreich zu
gelten - egal, ob es dem einen oder anderen Provinzpolitiker gefällt oder
nicht".
Von der Staatsanwaltschaft erwartet sich die Initiative eine Durchleuchtung
des Entscheidungsfindungsprozesses innerhalb des Landesschulrates und eine ausführliche
Auseinandersetzung mit der Frage, wo die Grenze zwischen einer legitimen Gesetzesauslegung
und der missbräuchlichen Politwillkür verläuft.
Parallel zum Einbringen der Anzeige bekräftigt die "Initiative Religion
ist Privatsache" ihre Forderung an Pröll und Helm, als letzte Amtshandlung
vor ihrem Rücktritt die Zwangsversetzung des Leiters der LSR-Rechtsabteilung
rückgängig zu machen.