EU-Wahl - Visionen und Geschichte

Publiziert am 20. Mai 2014 von Wilfried Müller auf wissenbloggt.de

Dieser EU-Wahl-Artikel bietet nicht nur Geschichte, sondern auch Geschichten. Das ist nämlich so eine Geschichte mit den Bezügen vom EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz. Wie die Süddeutsche Zeitung am 15.5. berichtet hatte (der Artikel von Cerstin Gammelin ist nicht online), hat der Parlamentspräsident seine Bezahlung unkontrolliert aufgebessert. In der Kritik stehen die 304 Euro Tagesgeld für Schulz, immerhin 100.000 Euro pro Jahr obendrauf. So ein Bonus entspricht nicht der Wichtigkeit des Politikers. Bescheidenheit wäre angebracht bei seiner bescheidenen Wichtigkeit.

Das könnte sich allerdings ändern, wenn die SZ mit ihren Visionen richtig liegt. Es darf spekuliert werden in dem Artikel-Kanon vom 18.5., Visionen zur Zukunft der EU - Man wird ja noch träumen dürfen. Gerne, findet wb, man kann unverbindlich drüber nachdenken, hier die kontroversen Stichpunkte
Europäische Wirtschaftsregierung
Politische Union
Vereinigte Staaten von Europa
Staatenbund versus Bundesstaat
Zurück zu nationalen Währungen
Europäische Bürgergesellschaft
Vereinigte Städte von Europa
Europa der Regionen
Europäische Republik

Die Frage ist nur, für welche Bürger sind die Vereinigten Staaten von Europa? Die meisten Bürger, die hier herumlaufen, wollen lieber in ihrem Nationalstaat bleiben. Ehe man den Euro-Fans Leine gibt, sollte zumindest der Schlamassel um den Euro richtig gelöst werden. Das Thema hat übrigens einen geschichtichen Aspekt, den kaum jemand kennt, die Lateinische Münzunion.

Im deutschen wiki kann man lesen, es handelte sich um eine Währungsunion zwischen Frankreich, Belgien, Italien, der Schweiz und Griechenland, die von 1865 bis 1914 bestand. Eigentlich ganz unverdächtig. Dazu das Bild von Sechsachtel/Alphathon, Wikimedia Commons:

Legende:
Rot: Vertragsstaaten der lateinischen Münzunion
Orange: Teilnahme durch bilaterales Abkommen
Blau: Teilnahme durch unilaterale Abkommen
Grün: Kolonie

Das englische wiki enthält allerdings einen sehr interessanten Passus, der beim deutschen fehlt. Die Latin Monetary Union hat einen ganzen Absatz, der mit Failure überschrieben ist. Der Inhalt in freier Übersetzung: Es gab eine Reihe von Gründen für den Zusammenbruch der Lateinischen Münzunion. Einige der Beteiligten, zumal der Schatzmeister des Papstes, höhlten ihre Währung aus. Sie schlugen Münzen mit zuwenig Silber drin und tauschten sie im Handel gegen Münzen mit dem korrekten Gehalt aus. Durch den technischen Fortschritt und den weltweiten Handel gab es zudem eine Silberschwemme, so dass der festgesetzte Wert zu hoch war. Smarte Händler aus Deutschland brachten Silber in die LMU-Staaten, ließen es dort in Münzen schlagen und erhöhten so den Wert ihres Besitzes. Das wird als Destabilisierungstaktik angesehen, die schlussendlich der LMU einen reinen Goldstandard aufzwang.
Noch ein großes Problem war, dass die LMU es versäumte, den illegalen Druck von Papiergeld zu verbieten. Gerade Frankreich und Italien taten sich mit diesen weiteren Destabilisierungstaktiken hervor, in der Absicht sich damit zu sanieren. So wälzten sie Kosten auf die anderen Länder ab. Griechenland wird im Zusammenhang mit der Problembereitung auch erwähnt. Seine "chronisch schwache Wirtschaft" veranlasste mehrere griechische Regierungen, den Goldgehalt ihrer Münszen immer weiter zu senken. Mit dieser Destabilisierungstaktik schädigten sie die anderen Staaten und vergingen sich gegen den LMU-Vertrag

Das gibt zu denken. Was sind Visionen wert, wenn die Geschichte zeigt, wie die Geschichten von damals den Geschichten von heute gleichen?

Die Liste unserer EU-Wahlartikel wird immer länger:
EU-Wahl: zum WahlUNrecht
TTIP-Kritik zur EU-Wahl
EU-Diskurs fortgesetzt
EU-Diskurs das Gute & das Schlechte
EU-Wahlhilfe (humoristisch)