Warum ich mir wünsche, dass es einen Gott gibt

Veröffentlicht von Jürgen Schönstein am 5. Juni 2014 auf http://scienceblogs.de

Dies ist ein ehrlicher, wenngleich kein frommer Wunsch. Die ganze Zeit über, die ich mit Atmen und Denken verbringe, bin ich mir zwar sicher dass es diesen Gott – vor allem das von KatholikInnen und fundamentalistischen ProtestantInnen bevorzugte Modell – nicht gibt und gar nicht geben kann. Aber dann finde ich mich mit solchen Nachrichten konfrontiert: Claim of 800 children’s remains buried at Irish home for unwed mothers.

Ja, und dann denke ich nur: Wenn es diesen Gott gäbe, dem jene Nonnen, jene Klerikalen, jene Kirchen zu dienen vorgeben, und wenn er jener gerechte, die Menschen liebende Gott wäre, mit dessen Image sie ihre Religion vermarkten und sich damit leider sehr erfolgreich den gesellschaftlichen Einfluss verschaffen, den sie so offenbar genießen und missbrauchen – dann wäre diesen Nonnen, diesen Klerikalen, diesen Bigotten jene Hölle sicher, die sie ja so gerne für andere erdacht haben. Wenn dieser Gott auch nur ein bisschen so wäre, wie er von dieser Religion vorgeblich verehrt wird, dann hätten all jene, die in seinem Namen (?) andere Menschen verachten und beseitigen, all jene Kreuzritter, heilige Kriegführer, Bomben- und sonstigen Waffensegner, all jene Kindesmisshandler und -misshandlerinnen, prügelnde Nonnen und scheinheiligen Pfaffen eine ewige Verdammnis zu erwarten, die ich auf ziemlich unheilige Art unglaublich gerecht fände.

Ja, aber … mag da so manche(r) Gläubige einwenden: Würde dies dann nicht auch ewige Verdammnis für all jene atheistischen Nichtgläubigen bedeuten, zu denen ich mich selbst zähle? Da ich dieses was-wäre-wenn-Spiel selbst angestoßen habe, will ich mich hier nicht auf die Position zurückziehen, dass ich sowieso absolut sicher bin, dass es diesen Gott und damit jene Höllenverdammnis nicht gibt (obwohl das die einzige passende Antwort ist). Nur so viel: Ich könnte mir sowieso nichts Höllischeres vorstellen, als eine Ewigkeit in der Gesellschaft jener vorgeblich Gläubigen zu verbringen, die ihre Religiosität als Ausrede für eine abgrundtiefe Menschenverachtung nutzen.