Solidarität ist nun gefragt, wie sie auch von anderer Seite kommt, siehe express.de vom 28.10.: Nach Anzeige wegen Islam-Hetze Viel Zuspruch: Kabarettisten solidarisieren sich mit Dieter Nuhr. Eine Aussage vom Kollegen Bruno Jonas dazu: Nuhr beobachte, dass Muslime im Gegensatz etwa zu Juden und Buddhisten "gerne einmal beleidigt sind, wenn man sich über ihren Glauben lustig macht. Humor und Fanatismus scheinen einander auszuschließen". Der Kollege Andreas Rebers meint laut express.de dazu, in kaum einem Land der Welt würden die Menschen so sehr von ihrem Recht auf Nichtwissen und Nichtwissenwollen Gebrauch machen wie bei uns. Dennis Riehle geht weiter in die Tiefe:
HABO-Sprecher: "Religionsfreiheit entbindet nicht von Kritikfähigkeit"
Die Humanisten am Bodensee haben zur Solidarität mit dem Kabarettisten
Dieter Nuhr aufgerufen. Wie der Sprecher der "Humanistischen Alternative
Bodensee" (HABO), Dennis Riehle, mitteilt, sei die Anzeige gegen den Komiker
"überhaupt nicht nachvollziehbar". Nuhr war von einem Muslim
vorgeworfen worden, den Islam beschimpft zu haben und als "Hassprediger"
aufzutreten. Nach Ansicht Riehles offenbare sich durch die aktuelle Diskussion
erneut der Kampf zwischen zwei Grundrechten, der nicht heruntergespielt werden
dürfe.
"Aus meiner Perspektive wird die Religionsfreiheit zunehmend weitgreifender
interpretiert und drängt damit immer häufiger die Meinungsfreiheit
beiseite. Dabei bin ich davon überzeugt, dass letztere den höheren
Stellenwert in einer aufgeklärten Demokratie einnehmen muss. Religionsfreiheit
bedeutet nämlich keinen Freifahrtsschein, sie befreit nicht von der Kritikfähigkeit,
die auch eine Religion an den Tag legen muss", fasst Riehle den Standpunkt
der HABO zusammen. Im Übrigen komme im vorliegenden Kontext hinzu, dass
die künstlerische Freiheit obendrein ein besonderes Schutzbedürfnis
aufweise, um gerade in der Satire Pointen ausreizen und damit den Sinn und die
Aussagekraft der Botschaften dieser besonderen Form der gesellschaftlichen Reflektion
vermitteln zu können.
Und so stellt Riehle im Bezug auf den konkreten Fall von Dieter Nuhr fest:
"All die im Zusammenhang mit der Anzeige vorgebrachten Äußerungen
des Künstlers sind nach meinem Verständnis lupenreine Meinungsbeiträge,
von einer Beschimpfung kann ich gar nichts erkennen. Es ist durchaus bezeichnend,
welche Sensibilität hier im Umgang mit öffentlichen Standpunkten von
einem Vertreter der Bewegung eingefordert wird, die derzeit auf Straßen
und in fernen Ländern mit großen Worten und Taten gegen unsere freiheitlichen
Werte wettert. Hier gilt es nun auch, diesen demokratischen Rechtsstaat zu verteidigen,
in dem eben nicht mit zweierlei Maß gemessen wird".
Im Übrigen verweist der HABO-Sprecher darauf, dass "getroffene
Hunde eben bellen": "Offenbar hat Nuhr in ein Wespennest gestochen,
bei solcher Aufregung kann ich es mir nicht anders erklären. Würde
hinter den Wahrnehmungen des Kabarettisten in Bezug auf den Islam nicht doch
eine gewisse Wahrheit stecken, hätte der Anzeigensteller doch problemlos
den Weg nutzen können, nicht nur Nuhr, sondern viele andere Menschen, die
ähnliche Empfindungen teilen, von einem gegenteiligen Bild seiner Religion
zu überzeugen. Jede Weltanschauung muss sich ihre Akzeptanz erringen, auch
das Christentum steckt täglich in dieser Herausforderung. Das hat nicht
zuletzt die katholische Bischofssynode in Rom gezeigt. Und dass auch der Islam
anders kann, dass zeigen uns doch viele gemäßigte Strömungen,
die einen Reformprozess bejahen. Die Empörten erreichen im Augenblick nur
das Gegenteil – sie zementieren Eindrücke, die Nuhr zugespitzt auf den
Punkt gebracht hat".
Dennis Riehle, Sprecher - Humanistische Alternative Bodensee (HABO)
- Säkular-humanistischer Zusammenschluss