Über die Gedenktafel an den Kinderschänder-Kardinal Groër in Hohenzell und die Proteste der Plattform Betroffener wurde in den Infos Nr. 2189 und Nr. 2193 berichtet. Es gibt nun dazu eine neue Entwicklung:
"Da die Diözese Linz den Kopf in den Sand steckt, müssen wir selbst aktiv werden", erklärt Sepp Rothwangl von der Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt. Und diese Aktivität ist wahrlich gewichtig: 150 kg wiegt jener Mühlstein, der seit heute neben der Gedenktafel für den verstorbenen Kardinal Groër zu bewundern ist. Aus der Mitte des Mühlsteins ragt das Antlitz Groërs, in Anlehnung an das Bibelzitat: "Wer aber eines von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, dem wäre nütze, dass ein Mühlstein an seinen Hals gehängt, und er in die Tiefe des Meeres versenkt würde." (Matthäus-Evangelium 18:6-16).
Die Notwendigkeit der Mühlstein-Platzierung drängte sich anlässlich der Kontroverse um die verharmlosende Gedenktafel für den pädokriminellen verstorbenen Kardinal Groër auf. Diese schmückt seit 1989 die Kirchenwand von Hohenzell. Dagegen hagelte es jedoch Protest von Seiten Betroffener sexueller kirchlicher Gewalt. "Gespräche mit der Diözese Linz blieben jedoch ergebnislos", bedauert Sepp Rothwangl. Bischof Schwarz habe nichts unternommen, um den Groër-verherrlichenden Hohenzeller Pfarrer Bauer in die Schranken zu weisen und die skandalöse Gedenktafel zu entfernen - sie sollte ursprünglich daran erinnern, dass Groër hier für ungeborene Kinder (sic!) gebetet hat.
"Aus diesem Anlass haben wir vor vier Wochen dort einen ersten kleinen symbolischen Mühlstein als Berichtigung der Gedenktafel angebracht", so Rothwangl. Als diese Ergänzung entfernt wurde, rief die Plattform zur großen Mühlstein-Sammelaktion auf. "Wir haben österreichweit großen Zuspruch erhalten und mehrere große und schwere Mühlsteine erhalten", freut sich Rothwangl. "Einen der Größten haben wir nun in Hohenzell abgeliefert." Für die Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt ist Hohenzell zum Synonym für die Leugnung und Vertuschung der kirchlichen Missbrauchsverbrechen geworden, "ein passender Ort für ein Mühlstein-Denkmal im Dienste der Wahrheit. Weitere Schritte überlegen wir", so Rothwangl abschließend.
Tonmitschnitt:
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...lautete der Titel. Und weiter: "(..) Bischof Ludwig Schwarz hat nun entschieden, dass sowohl der Mühlstein als auch die Gedenktafel verschwinden sollen. (..) Wann die gesamte Tafel entfernt wird, ist noch unklar. 'Der Stein ist fest im Mauerwerk verankert. Das ist nicht so einfach. Wir werden Kostenvoranschläge dafür einholen', heißt es aus der Diözese. (..)"
Soweit aus den OÖN vom 19.12. Dem ultrakonservativen Pfarrer von
Hohenzell wird nun wohl nichts anderes übrigbleiben
als zur Kenntnis zu nehmen, dass es auch die Diözese nicht mehr wagt, den
sogar von der Kirche anerkannten Kinderschänder weiterhin schönzureden.
Schließlich hatten nach dem Auffliegen der Untaten Groërs im
Jahre 1995 die Bischöfe Christoph Schönborn, Johann Weber, Georg Eder und Egon
Kapellari in einer Stellungnahme erklärt, dass sie zur "moralischen
Gewissheit" gelangt wären, dass die Vorwürfe gegen Groër
"im Wesentlichen zutreffen".
Es dauerte trotzdem weitere 15 Jahre bis das Vertuschungssystem
auch in Österreich endgültig
zusammenbrach, z.B. bewirkte 2004 ein TV-Bericht über einen konkreten Fall
noch gar nichts, niemand reagierte darauf, weder die Kirche noch die Justiz.
(der
obige Screenshot zeigt einen Bericht einer alten HP aus dem Jahre 2004)
Erst
als 2010 die Missbrauchsskandale in ganz Europa aufflogen, musste man die Verbrechen
zugeben.
Aber es gelang der Kirche wiederum, ihre Privilegien zu
bewahren: man durfte die Bewältigung der Untaten selber mit der der
berüchtigten Klasnic-Kommission in Angriff nehmen, zahlte Opfern jeweils
ein paar Tausender an Entschädigungen aus und setzte juristisch auf die
Verjährung der Straftaten. Nur in wenig Fällen gelang das nicht, wenn
Opfer sich nicht vom Klasnic-Verein abspeisen ließen und klagten. Auch
die Verjährungsausrede ist nämlich nicht haltbar, weil es durch die kirchlich
organisierten Vertuschungen die Verjährungsfristen unterbrochen worden
sein müssten und die Verjährungsfristen praktisch erst 2010 nach dem
Auffliegen des ganzen Systems zu laufen begonnen hätten und nun erst im
Jahre 2015 zu enden anfingen.