"Mitten im Leben" heißt das neueste Album von Udo Jürgens.
Dass er erst vor drei Wochen die Konzertournee für dieses Album gestartet
hat, macht diesen Titel zur tragischen Ironie.
Sechs Jahrzehnte lang
war der gebürtige Kärntner auf der Bühne gestanden und erarbeitete
sich die Berufsbezeichnung "Entertainer" hart. Die Konzerte des Solokünstlers
waren stets mehr als nur Musik. Sie waren ein Erlebnis, sie waren perfekt inszeniertes
Ritual, hinter dem seine häufig sozialkritischen Texte manchmal etwas untergingen.
Auch,
dass dahinter eine bewundernswerte Disziplin stand, konnte man ob der Leichtigkeit
seiner Auftritte leicht vergessen. Dazu trug wohl auch der berühmte weiße
Bademantel bei.
Unterhaltung sei ohne Haltung für ihn nicht möglich, sagte der
1934 geborene Jürgens in Interviews. Er bürstete gern gegen den Strich,
erinnerte gerne mit Ironie und Sprachwitz an die Schandflecke in der österreichischen
und deutschen Gesellschaft. Kaum jemand inszenierte Idylle so bittersüß
wie er und machte Abgründe so erst richtig sichtbar.
Anders als
die meisten Entertainer hatte er keine Angst, anzuecken. Vielleicht machte ihn
auch das zu einem der beliebtesten Musiker, Komponisten und Sänger im deutschsprachigen
Raum.
1988 belegten sogar mehrere Sender sein Lied "Gehet hin und mehret euch"
mit Sendeverbot. Es wurde als Angriff auf das katholische Verbot der Empfängnisverhütung
verstanden.
Er war auch einer der wenigen Prominenten, die sich offen
bekannten, nicht religiös zu sein. So etwa in einem Interview mit der Westdeutschen
Zeitung: "Ich bin ein überzeugter Atheist. Immer wieder haben religiöse
Fanatiker blutige Kriege ausgelöst. Solchen Menschen darf man nicht trauen."
Der
Erfolg gab ihm recht. Mehr als 1.000 Songs hat Jürgens, geboren als Udo
Jürgen Bockelmann, während seiner Karriere eingespielt: "Griechischer
Wein", "Aber bitte mit Sahne", "Ich war noch niemals in
New York" oder "Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an" waren
nur einige seiner Hits. Mehr als 100 Millionen Tonträger hat er verkauft.
1966
sein vielleicht größter Erfolg: Jürgens gewann mit "Merci
Cherie" den Eurovisions - Song Contest. Der einzige österreichische
Sieg bis zu Conchita Wurst in diesem Jahr.
Patriotisch vereinnahmen ließ
sich der Entertainer nicht. Er zog 1977 nach Zürich, 2007 wurde er Schweizer
Staatsbürger.
In Zürich führte er im September anlässlich seines 80. Geburtstags
mit dem ZDF auch eines seiner letzten Interviews. Auf die Frage, was ihn nach
dem Tod erwarte, sagte er: "Stille, unendliche Ruhe und Dunkelheit"
und ein "Bewusstsein, das in allem, in jedem Gegenstand, in jedem Menschen
aufgeht." Auf eine schnell angefertigte Zeichnung schrieb er: "Merci
und basta!"
Ein trauriges Merci werden seine Millionen Fans ihm
dieser Tage wohl zuraunen. Am Sonntag ist Udo Jürgens an Herzversagen gestorben.
Soweit der Nachruf von Christoph Baumgarten.
Anzufügen ist
noch, dass sich Udo Jürgens Sorgen über die Islamisierung machte,
er sagte in seinem Interview mit dem ORF zu seínem Achtziger u.a.: