Über das katholische Priesterschrumpfen

Als sich der Feudalismus in Europa als das neue Gesellschaftssystem, das die Sklavenwirtschaft des Altertums ersetzte, etablierte, begann die katholische Kirche - wohl mit Recht - zu befürchten, dass auch in ihrem Herrschaftsbereich dieses neue effizientere Herrschafts- und Ausbeutungssystem lokale und regionale kirchliche Feudalherrn hervorbringen würde, welche ihre Herrschaftsbereiche sozusagen feudal privatisieren könnten.

Also dass nicht mehr der Papst und der König Bischöfe ernannten, nicht mehr die Bischöfe die Pfarrherren bestellten, sondern dass Pfarren, Diözesen, Bistümer wie im Bereich der Barone, Grafen und Herzöge vom Vater auf den Sohn vererbt werden könnten. Das galt es zu verhindern, man verbat den Geistlichen die Gründung von Familien, die katholische Kirche führte zur Sicherung ihrer Struktur und zur Sicherung der päpstlichen Allmacht den verpflichtenden Zölibat ein.

Biblisch war das eigentlich gar nicht zu begründen, in der jüdischen Tradition hatte ein Rabbi verheiratet zu sein und auch die berühmten katholischen Aposteln waren verheiratet. Der eigentlich Gründer des Christentums, Paulus, schrieb im 1. Brief an Timotheus im Kapitel 3, 1-7 über die Eigenschaften, die ein Bischof haben müsste: "Das ist gewisslich wahr: Wenn jemand ein Bischofsamt begehrt, der begehrt eine hohe Aufgabe. Ein Bischof aber soll untadelig sein, Mann einer einzigen Frau, nüchtern, maßvoll, würdig, gastfrei, geschickt im Lehren, kein Säufer, nicht gewalttätig, sondern gütig, nicht streitsüchtig, nicht geldgierig, einer, der seinem eigenen Haus gut vorsteht und gehorsame Kinder hat in aller Ehrbarkeit. Denn wenn jemand seinem eigenen Haus nicht vorzustehen weiß, wie soll er für die Gemeinde Gottes sorgen? Er soll kein Neugetaufter sein, damit er sich nicht aufblase und dem Urteil des Teufels verfalle. Er muss aber auch einen guten Ruf haben bei denen, die draußen sind, damit er nicht geschmäht werde und sich nicht fange in der Schlinge des Teufels."

Keine Rede vom Zölibat. Als man den Zölibat aus den o.a. Gründen einführte, vergewaltigte man eine Bibelstelle, wo es darum ging, ob man ledig bleiben sollte, weil Jesus die in der jüdischen Gesellschaft übliche leichtgängige Scheidung (Verstoß durch den Mann) kritisiert hatte. Und daraufhin redete Jesus von den Menschen, die keine Frauen brauchten: den "Verschnittenen", also den Kastrierten. Er führte dazu an, dass manche so geboren würden, andere von anderen Menschen verschnitten würden und sich auch welche selber kastrierten. Und er schloss: wer es fassen kann, der fasse es, um des Himemlsreiches willen. Also Jesus legte ganz klar fest, nur Kastrierte sollten frauenlos bleiben, das kann jeder Christ und jeder Nichtchrist auf Matthäus 19, 1-12. selber nachlesen, der Zölibat ist eine im fünften Jahrhundert ausschließlich von der Kirche eingeführte Vorschrift, der Vollzug dieser Vorschrift konnte erst im 12. Jahrhundert umfassend durchgesetzt werden, was jedoch die Grundlage für Sexualverbrechen von katholischen Geistlichen bis in die Gegenwart war. Allerdings ging das Vertuschen früher viel einfacher und besser vor sich als jetzt im 21. Jahrhundert.

Warum diese Zölibatsgeschichte? Weil aktuell die Abschaffung des Zölibats in der katholischen Kirche mit steigender Vernehmbarkehit diskutiert wird, denn die Zahl der Priester schrumpft und schrumpft.

Aus mehrerer Gründen:
1. das religiöse Interesse wird gesellschaftsweit geringer, daher auch die Zahl der Leute, die überhaupt über einen Priesterberuf nachdenken.
2. die verbreitete und bewährte Erpressermethode, dass Müttern eingeredet wird, wenn einer der Söhne Priester wird, würde ihr das die ewige Seligkeit im Paradies sichern, bis weit ins 20. Jahrhundert war ein erheblicher Teil des Priesternachwuchses auf diese Weise rekrutiert worden, heute funktioniert das nimmer, Mütter und Söhne sind nicht mehr dumm genug dafür.
3. das Schwinden der Undercover-Homos. Bis in die 1970er-Jahre war ausgeübte Homosexualität strafbar gewesen, Homosexualität allgemein ein Tabuthema und die Heranwachsenden wussten oft kaum was darüber. Ein junger Mann, der wahrnahm, dass ihn Frauen nicht anzogen und der seine Homosexualität nicht einmal theoretisch erkannte, war ein guter Priesterkandidat, ebenso konnte jemand, der seine Neigung zwar kannte, sie aber verschleiern wollte, als Priester leben, ohne dass sich seine Umgebung über ihn wunderte. Heute haben es sogar Päderasten wahrscheinlich schon schwer, als Priester unterzuschlüpfen.

Am 6. 3. 2015 brachten die OÖNachrichten ein Interview dem Personalchef der Diözese Linz, Martin Füreder. Der berichtete, dass das Durchschnittsalter der oö Priester schon bei 65 läge, dass heute ein Priester erst mit 75 in den Ruhestand treten dürfe, die Alltagsarbeit in den Pfarren von Pastoralassistenten gemacht würde. Konkret sagte er auf die Frage nach verheirateten Priestern: "Weltkirchlich ist dies derzeit nicht möglich. Dieses Verbot wird mit der kirchlichen Tradition begründet. Das überzeugt aber viele nicht. Um den Zölibat abzuschaffen, wäre ein Beschluss von Bischofssynode und Papst nötig. Papst Franziskus soll das Thema auf seiner Agendenliste haben."

Vielleicht traut sich der vatikanische Herr Franz tatsächlich die Zölibatfrage aufs Tapet zu bringen?
Weil dann wäre ja wohl doch ein Teil der Pastoralassistenten zur Priesterschaft bereit und manche ehemalige, laisierte und verheiratete Priester könnten in ihren Exberuf zurückkehren.

Aber samthaft würde das religiös nicht viel verändern, weil dass den nachwachsenden (nicht-muslimischen) Generationen die Religion zunehmend egaler wird, hat nichts mit dem Priestermangel zu tun, sondern mit den dahinschmelzenden religiösen Bedürfnissen. Wer noch irgendwelche Transzendentalien braucht, der bedient sich lieber am breit gestreuten Esoterikmarkt, dort gibt es für und gegen alles gegen entsprechende Gebühr entsprechenden Aberglauben zu kaufen. Da kann der Jesus mit seinem schmalen Angebot auch nicht mithalten.