Die "Humanistische Alternative Bodensee" (HABO) hat mit scharfen
Worten die getroffene Vereinbarung des Kultusministeriums Baden-Württemberg
mit den christlichen Kirchen kritisiert, wonach eine Kooperation in Ganztagesschulen
angestrebt wird. Der zuständige Minister hatte die Zusammenarbeit mit
den Kirchen auf eine Ebene mit der der Sportverbände oder Musikschulen
im Land gestellt, die bereits eingebunden sind, den Ganztagesbereich an den
Schulen mitzugestalten. Insbesondere der Umstand, dass die Kirchen neben überkonfessionellen
auch religiöse Angebote an die Schüler machen dürften, sei verfassungsrechtlich
als hoch bedenklich einzustufen, schrieb der Sprecher der HABO, Dennis Riehle,
an die Landesregierung.
"Vereine und Organisationen aus dem Freizeitbereich
dürften keinerlei Absichten hegen, weltanschauliche Missionierung zu betreiben.
Bei den Kirchen bin ich mir da allerdings nicht so sicher", formulierte
Riehle, der in diesem Zusammenhang auf Art. 140 i.V.m. Art. 136 Abs. 4 WRV verweist,
wonach niemand zu "religiösen Übungen" gezwungen werden
dürfe. "Faktisch sind gerade Schüler oftmals noch nicht in der
Lage, selbst zu entscheiden, ob sie an kirchlichen Angeboten mitwirken wollen.
Während Eltern die Möglichkeit haben, beim klar abgegrenzten Religionsunterricht
die Teilnahme ihres Kindes zu verweigern, wird dies bei einem bunten Mix an
Freizeitangeboten im Ganztagesbereich äußerst schwierig". So
sei auch Art. 15 Abs. 3 der Landesverfassung Baden-Württembergs beschnitten,
die den Erziehungsberechtigten ein wesentliches Mitspracherecht bei der Gestaltung
des Schulwesens zuspreche.
Zudem zeigt sich der HABO-Sprecher verärgert
darüber, dass neuerlich nur die Kirchen einbezogen wurden: "Da
hatte das Bundesverfassungsgericht erst vor wenigen Wochen noch geurteilt, dass
gerade auch im Bereich des öffentlichen Bildungswesens die Bevorzugung
bestimmter Weltanschauungen nicht verfassungskonform sei. Und schon ist das
baden-württembergische Kultusministerium erneut dabei, den christlichen
Glaubensgemeinschaften einen gesonderten Zugang zu den Schulen zu erlauben".
Die Unterzeichnung der Kooperation sei verantwortungslos, solange man noch nicht
einmal die Konsequenzen aus der höchstrichterlichen Entscheidung durchgehend
zu Ende dekliniert habe, so Riehle. Er werde Eltern, die Anstoß an der
neuen Vereinbarung finden, anraten, entsprechend gegen die Respektlosigkeit
vor der religiösen Neutralität zu protestieren: "Ministerpräsident
Kretschmann und Kultusminister Stoch müssen im nächsten Jahr einen
Wahlkampf bestreiten. Für uns Humanisten hat er heute schon begonnen".