Am 7.5.2015 hat der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments über
neue Regeln für die Rechte von Aktionärinnen und Aktionären abgestimmt.
Die Grünen/EFA-Fraktion konnte per Änderungsantrag mit Unterstützung
von Sozialdemokraten, Linken, einigen Liberalen und Italienischer 5-Sterne-Bewegung
für multinationale Konzerne eine verpflichtende länderbezogene Berichterstattung,
das sogenannte "country-by-country-reporting" (siehe unten), durchsetzen.
Der Ausschuss stimmte auch für die Aufnahme von direkten Verhandlungen
mit dem Rat der Mitgliedsländer. Auf Antrag der Christdemokraten, Liberalen
und Rechtskonservativen muss jedoch die Konferenz der Fraktionsvorsitzenden
entscheiden, ob die Verhandlungsposition im Parlamentsplenum festgelegt werden
muss. Sie hoffen damit, die Entscheidung zu kippen.
Sven Giegold,
finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im
Europäischen Parlament, kommentiert:
"Dieses Plus an Transparenz
bei Steuern von Großkonzernen schafft mehr Gerechtigkeit für alle
Steuerzahler. Der LuxLeaks-Skandal zeigt: Nur wenn Konzerne ihre Steuerpraktiken
offen legen, können Missbrauch und Korruption entdeckt und geahndet werden.
Es ist ein starkes Signal an die EU-Kommission und die Regierungen in den EU-Mitgliedsstaaten,
dass sich die Abgeordneten aus mehreren Fraktionen für den Grünen
Änderungsantrag entschieden haben. Es ist skandalös, dass Christdemokraten,
Rechtskonservative und ein Teil der Liberalen Steuertransparenz für Großunternehmen
ablehnen.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker behauptet unablässig,
der Kampf gegen Steuervermeidung und -dumping habe absolute Priorität für
die EU-Kommission. Bis auf die Festschreibung des ohnehin schon seit 1977 verpflichtenden
Informationsaustauschs von Tax Rulings zwischen den Mitgliedsstaaten hat die
EU-Kommission aber bisher keinerlei ernstzunehmenden Vorschläge auf den
Tisch gelegt. Sie muss nun dem Votum der EU-Abgeordneten folgen. Junckers Glaubwürdigkeit
steht auf dem Spiel, wenn er nicht schnell die Kommission auf die Linie der
Steuertransparenz bringt. Auch die Große Koalition in Berlin muss ihre
Blockade-Haltung aufgeben und der Berichtspflicht zustimmen. Besonders ärgerlich
ist, dass während Sozialdemokraten im Europäischen Parlament sich
erfolgreich für diese Transparenzpflicht einsetzen, Herr Gabriel weiter
keinen Finger krumm macht, um die Bundesregierung auf Linie zu bringen. Gabriel
muss durchsetzen, dass die Bundesregierung endlich Steuertransparenz unterstützt.
Die Bundesregierung muss nach den Luxembourg-Leaks aufhören, Konzernen
beim Verbergen ihrer schädlichen Steuerpraktiken vor der Öffentlichkeit
auch noch zu helfen.
Die Lobby der Steuervermeider kennt derzeit hinter den
Kulissen kaum ein anderes Thema. Sie scheut Transparenz wie der Teufel das Weihwasser.
Vor der wahrscheinlichen Abstimmung im Plenum brauchen die Freunde der Transparenz
im Europaparlament Rückenwind aus der Zivilgesellschaft. Ich fordere die
Nichtregierungsorganisationen auf, ihre Bemühungen vor dieser entscheidenden
Abstimmung im Plenum zu vervielfachen."
Was ist "country-by-country-reporting"?
Das
Prinzip verpflichtet Unternehmen, insbesondere ihre Gewinne und ihre Steuern
pro Land offenzulegen. Mit dieser Berichtspflicht soll für die Öffentlichkeit
transparent werden, wie Unternehmen sich die günstigsten Länder zum
Steuern zahlen aussuchen, obwohl sie ihre Gewinne woanders erwirtschaften. Sie
kann als Transparenzverpflichtung in Europa per Mehrheitsentscheidung im Rat
der Mitgliedsländer und Europaparlament eingeführt werden, während
andere Maßnahmen gegen Steuerdumping Einstimmigkeit im Rat erfordert.
PS
von atheisten-info: das im ersten Absatz angeführte Abstimmungsverhalten
zeigt wieder einmal das christliche Prinzip der Christdemokraten mit aller Deutlichkeit:
die parteipolitische Christenlehre basiert auf Matthäus, 12, 13: "Wer da hat, dem wird gegeben werden, und
er wird Überfluss haben, wer aber nicht hat, von dem wird selbst, was er hat,
genommen werden."