Russen besetzen Österreich

Satirische Anmerkungen von Uli Gellermann am 3.8.2025 auf rationalgalerie.de

Bewaffnete Soldateska stürmt Stephansdom

In der letzten Woche wurden bewaffnete US-Soldaten am Wiener Flughafen Schwechat bei der Weiterreise in die Ukraine von der Polizei verhaftet. So berichtetet der Wiener KURIER. Offenkundig war es den Soldaten und erst Recht dem amerikanischen Verteidigungsministerium völlig gleichgültig, dass sie gegen diverse österreichische Gesetze und völkerrechtliche Abkommen verstoßen hatten. Total gleichgültig war diese Sensationsmeldung auch sämtlichen bundesdeutschen Medien. Kaum jemand im Mainstream mochte den Skandal wahrnehmen. Um der großen deutschen Medienkoalition die Berichterstattung zu erleichtern, hat die RATIONALGALERIE für einige ausgesuchte Medien die Meldung neu formatiert und einen anderen Gesetzesbrecher gefunden, der den deutschen Redaktionen die Berichterstattung drastisch erleichtert: Den Russen.

TAGESSCHAU, Golineh Atai
Maidan auf dem Wiener Heldenplatz
Auf dem Wiener "Heldenplatz" sammeln sich einige tapfere Österreicher, um die Demokratie zu retten. Denn russische Spezialeinheiten sind wahrscheinlich über dem Flugplatz Schwechat abgesprungen und bewegen sich auf strategische Punkte in der Wiener Innenstadt zu. In den Vorstädten, so berichten zahllose ungenannte Quellen, sind erste Panzer gesichtet worden. Hier, auf dem Maidan der Österreicher, warten alle auf die deutsche Kanzlerin. Sie soll dem russischen Spuk ein Ende setzen. Aus der Umgebung von Putin wurde bekannt, dass diese neue russische Verletzung des Völkerrechts einen NATO-Beitritt der Republik Österreich verhindern soll. Sicher, es gibt Experten, die vom österreichischen Neutralitätsgesetz reden. Aber es gibt auch andere: "Damals, 1938, als der Führer und Reichskanzler auf diesem Platz "vor der Geschichte" den Eintritt seiner Heimat in das deutsche Reich verkündete, hätte sich kein Russe getraut, seinen Fuß auf unseren Flughafen zu setzen", sagt uns ein Rentner der damals wie heute als Augenzeuge in der Wiener Verwaltung arbeitet. - Jetzt wird man sicher wieder von Faschisten auf dem Helden-Maidan reden wollen, doch die versammelten Wiener wollen nichts anderes als ihre Freiheit und ihre Ruhe und erwarten deshalb sehnlichst die deutsche Kanzlerin an der Spitze der US-Truppen, die in Österreich sicher nur einen Regime-Change verhindern wollen.

BILD-Zeitung
Messdiener im Stephans-Dom vergewaltigt
"Das war der Russe", schluchzte der Junge vor dem Dom, und wies auf sein zerrissenes weißes Gewand. Vor dem Eingang der Kirche qualmt noch die Machorka-Zigarette des Kalaschnikowisten. "Erst drang er in die Sakristei ein, trank dort literweise Messwein, schlang Hostien in sich rein und gröhlte dann Kalinka, Kalinka, Kalinka, moja! Und als die nicht zur Verfügung stand . . . " Wieder schluchzte der Junge auf, seine Tränenflut hinterließ graue Pfützen auf dem Pflaster. So wie der unschuldige Junge leiden musste, so soll ganz Europa leiden, wenn den Russen, die den Wiener Flughafen erobert haben, nicht Einhalt geboten wird. Doch wie aus Berlin verlautet, ist die NATO-Speerspitze bereits unterwegs, um die asiatischen Eindringlinge zu vertreiben. Wie immer wird es Nörgler geben, die behaupten, dass der Nordatlantik, von dem der Militärpakt seinen Namen hat, nicht vor Wien liegt. Aber, wo der Russe ist, da muss auch die NATO sein!

DIE ZEIT, Josef Joffe
Der Russe hasst Wiener Juden
"Antisemitismus ist pfui, Antisemitismus ist wieder da", hatte ich einst dem Grass-Gedicht entgegen geschleudert und sehe mich heute bestätigt. Erst haben die deutschen Intellektuellen den Antisemitismus verniedlicht, dann die Russengefahr kleingeredet. Wenn Israel, wie der kluge Ralf Fücks von der grünen Böll-Stiftung schon vor Jahren forderte, in der NATO wäre, dann würde Russland heute nicht den Anschluss Österreichs an die bewaffnete atlantische Gemeinschaft verhindern wollen. Denn nur die NATO kann den traditionellen Judenhass der Russen eindämmen. Schon damals, in der Nacht vom 11. auf den 12. März 1938 steckte in Österreich der Russe hinter den Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung in Wien. Deshalb muss die russische Besetzung des Flughafen Schwechat umgehend international geächtet werden.

Die TAZ, Klaus-Helge Donath
Wo wir sind, ist Russland!
Die Moskauer Rockergruppe Nachtwölfe ist die informelle Leibgarde Putins. Sie wird sicher bald nach der Landung von russischen Sondertruppen ihre Bremsspuren auf der Wiener Ringstraße hinterlassen. Denn der Kremlchef hat sich die Ausgestaltung der „russischen Welt“ seit der Annexion der Krim auf die Fahnen geschrieben und den Verdacht erweckt, dass für ihn alles dazugehört, wo ethnische Russen leben. Vor diesem Hintergrund stimmt denn das Vereinsmotto der Wölfe – „Wo wir sind, ist Russland“ – auch nachdenklich. Schon 1945 hatten die Russen Österreich für zehn lange Jahre besetzt. Unter dem Vorwand das Hitler-Regime zu beenden. In Russland kennt kaum jemand die wahre Geschichte. Sie war stets ein Entwurf der Machthaber. Aber die Landung russischer Eliteeinheiten auf dem Wiener Flughafen spricht eine deutlichen Sprache: Wo wir sind, ist Russland!

In dieser Neufassung der Wirklichkeit werden deutsche Redaktionen die Wiener Ereignisse wohl verdauen und dann berichten können. Inzwischen haben die US-Soldaten mit ihren Sturmgewehren die Heimreise angetreten. So sind die Spuren der Realität kaum mehr feststellbar.

Nichts bekommt dem deutschen Journalismus besser. Befreit von allen Tatsachen kann er das machen, was er am besten kann: Eine Meinung haben. Sogar manchmal die eigene. Wenn sie sich mit der herrschenden deckt.